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Die Kinderfresser-Bar

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Die Kinderfresser-Bar: September 2010

Mittwoch, 29. September 2010

Mindestens 35.000 Mal so schnell wie die Polizei

Aus den Augen, aus dem Sinn - so heißt es ja so schön. Und es trifft mal wieder zu; Netzsperren von kinderpornographischen Bildern führen dazu, dass genau gar nichts passiert. Sperren statt Löschen ist das Endergebnis solcher Maßnahmen.

Der Arbeitskreis Zensur hat die Sperrlisten der Ländern Dänemark und Schweden untersucht.

Ergebnis: 1,8 % enthielten wirklich Kinderpornographie, 3,6 % legalen Inhalt, der Rest existierte nicht oder nicht mehr. Soviel schonmal zur Qualität der Sperrlisten und zum Overblocking, also dem fälschlichen Sperren von legalen Inhalten.

Diese 1,8 % entsprachen ganzen drei (!) Seiten. Zwei davon waren seit 2008 auf den Sperrlisten, also immerhin zwei Jahre. Per eMail konnte der AK-Zensur zwei Seiten innerhalb von 30 Minuten, die Dritte nach drei Stunden löschen bzw. abschalten lassen. Damit war der AK-Zensur mindestens 35.000 Mal  so schnell wie die Polizei.

Also liebes BKA: Lasst ihr euch jetzt endlich mal erklären, wie man sowas macht, oder wollt ihr eure Aufgaben lieber gleich an die Zivilgesellschaft zurückgeben?

Denn ich gebe mal einen Ausblick in die Zukunft: Wenn ihr Netzsperren einführt, werden wir die Netzsperren durch technische Maßnahmen aufdecken, um eine demokratische Kontrolle eurer Zensur im Hinterzimmer zu ermöglichen.
Leider - und das meine ich ernst - wird damit auch die Liste der entsprechenden Seiten öffentlich werden. Ein kaum vermeidbarer Kollateralschaden sozusagen. Und um diesen zu minimieren, werden wir daher gleich entsprechende Maßnahmen ergreifen, um Seiten mit entsprechendem Material löschen zu lassen.

Damit haben wir Echtzeit-Kontrolle, den Echtzeit-Beweis inklusive Echtzeit-Statistiken die euch dauernd und in Echtzeit bis auf die Knochen blamieren.

EDIT: Mit Wir meine ich nicht den AK-Zensur, sondern die Netzcommunity. Mit anderen Worten: Irgendjemand wird das machen.

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Dienstag, 28. September 2010

Zu Stuxnet, Iran, Atomkraftwerken und Geheimdiensten

Normalerweise beschränke ich mich ja darauf, Lese- und Hörempfehlungen in meinen I-just-read-Feed zu kippen oder sie zu twittern; aber da Stuxnet ja gerade in den Medien so heiß ist und das ganze wirklich eine geniale Räuberpistole von erheblichen politischen Dimensionen ist, verlinke ich hier mal direkt auf den Alternativlos-Podcast Folge 5.

Wer Stuxnet noch nicht kennt:

Stuxnet ist ein Computerwurm, der spezifisch darauf ausgerichtet ist, nur bestimmte Industriesteueranlagen anzugreifen, die bspw. in Kernkraftwerken oder bei Urananreicherung eingesetzt wird, der sich überwiegend im Iran verbreitet hat und insgesamt ein unglaublich hochwertiges Stück Software ist, das einige Millionen Dollar gekostet haben dürfte. Also hervorragend geeignet sich zu fragen, wer die Männer hinter dem Vorhang sind.

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Montag, 27. September 2010

Achja, O'Donnell

Ich hatte ihren Namen ja vor kurzem in der ZEIT aufgeschnappt (Seite 2-3); aber offensichtlich gibts von der Frau dann doch einige mehr Bonmots. Um mal drei zu zitieren:

Kondome:
We’re doing a great disservice to our young people because the only protection is abstinence, as condoms have been proven fallible. … The federal government should not be telling young people to use condoms. … It’s also an insult to teenagers, reducing them to the level of a dog that can’t control its hormones.
 Evolutionstheorie:
Now too many people are blindly accepting evolution as fact. But when you get down to the hard evidence, it’s merely a theory. … Well, creationism, in essence, is believing that the world began as the Bible in Genesis says, that God created the Earth in six days, six 24-hour periods. And there is just as much, if not more, evidence supporting that.
Wahrheit:
There’s only truth and not truth. You’re either very good or evil. I went back to my dorm and asked myself what I was. If your principles aren’t grounded in absolute truth, you don’t know what to think.
 Ein kleines Gruselkabinett found via fefe.

 Nur ein Beispiel für diejenigen die mich fragen, wo man die besseren Info im Internet findet...

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Hauptsache nicht drauf hören II

Und damit werden erneut weitere Kernaussagen bestätigt, die wir schon vor anderthalb Jahren zur Kinderporno-im-Netz-Frage getätigt haben:
  • Es gibt keinen nennenswerten Markt (EDIT: Genaugenommen gar keinen)
  • Es handelt sich ganz überwiegend um (Ur)alt-Material, zusammengesammelt und recycled
  • Im Regelfall ist Kinderpornographie nicht öffentlich im WWW zugänglich, sondern wird in geschlossenen Zirkeln, oftmals abseits des WWW getauscht (für alle Nicht-Techies: Hier würden die gewünschten Sperren überhaupt nicht funktionieren)
  • Die Täter sind technisch versiert
Abhilfe schafft nur eine bessere (insb. schnellere) Zusammenarbeit, vorangetrieben durch
  • eine einheitliche Definition von Kinderpornographie
  • zentrale Datenbanken für entsprechendes Material & Quellen
  • bessere Vernetzung der staatlichen Stellen
Also all das, was das BKA gerade absichtlich oder grob fahrlässig torpediert.

Also, wo stehen wir jetzt? Es ist schön, dass wir nun eine offizielle Studie zu dem Thema haben. Aber damit sind wir kein Stück weiter als vor anderthalb Jahren; diesen Zeitraum lang wurden - um mal dieses abartige BKA-Sprech zu nutzen - kleine Kinderseelen weiter gequält

Genau das passiert, wenn Personen mit viel Wollen und null Können ihr Programm durchziehen. Man kann sowas auch nicht durch externe Experten ausgleichen, weil man ja wenigstens ein groben Überblick haben muss, um zu wissen, wo es politisch hingehen soll. Und den Zensursulas, Censilias und Zierckes geht nun in Sachen Netz wirklich selbst der gröbste Überblick ab.

Was kein grundsätzlicher Vorwurf ist, keiner kann alles wissen und können - nur muss man dann eben so ehrlich und selbstkritisch sein und sich auf die Dinge beschränken, von denen man etwas versteht und den Rest den anderen überlassen. Ansonsten richtet man nur Schaden an.

Bis jetzt war der Schaden nur die Bewahrung des status quo. Doch wenn wir die Sperren doch noch installieren, gibt es die schöne staatliche Sichtblende, hinter der man alles Böse ausblenden und vergessen kann (aus den Augen, aus dem Sinn), ein minutengenaues Frühwarnsystem für die kriminellen Jungs (entdeckt, lasst uns umziehen und die Spuren verwischen!)  und eine wunderschöne Möglichkeit, sich vollautomatisch die entsprechenden Listen mit Quellen zu errechnen und mit anderen zu tauschen:
Getreu dem Motto: Jeden Tag eine neue Kinderporno-Seite. 

Eine Kinderporno-Lobby hätte sich nichts besseres ausdenken können.

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Samstag, 25. September 2010

Warum ich keine Zeitung lese am Beispiel von DIE ZEIT

Meinen Lesern ist die ewige Diskussion um Qualitätsjournalismus, Leistungsschutzrecht usw. natürlich ein Begriff. Zuletzt hat Stefan Niggemeier mit Falsche Freunde über diese andere Realität gebloggt und die neueste abgefahrene Idee ist, Schüler zum Zeitungslesen zu zwingen.

Auch über die zunehmend unterirdische Qualität des Qualitätsjournalismus ist schon viel geschrieben und diskutiert worden; all die kleinen Schnitzer und systematischen Fehler kann man bei Twitter wiederfinden.

Aber was irgendwie noch fehlt ist mal ein Beispiel, wie Zeitunglesen so abläuft. Meine Vermutung ist ja, dass die Art und Weise der Informationsrezeption eine grundlegend verschiedene ist zwischen digital natives, digital immigrants und Papierlesern, weshalb die einen die morgendliche Lektüre der FAZ als unerlässlich empfinden, während ich die FAZ nach zwei Monaten lesen wegen mangelnder Relevanz und Qualität abbestellt habe.

Für dieses Beispiel, wie ich Zeitung lese, habe ich DIE ZEIT Ausgabe 39 ausgewählt. Zum einen, weil sie hier ohnehin rumlag, zum anderen, weil sie in der Kategorie Wochenzeitung weniger ein das-ist-passiert abbildet, sondern mehr Kontexte aufzeigt und in die Tiefe geht.

Denn für was-ist-passiert brauche ich keine Zeitung mehr, darüber bin ich durch das Internet früher und umfangreicher informiert. Insofern hat eine Wochenzeitung noch den meisten potentiellen Mehrwert für mich. Und ein Artikel, dessen andauerndes Fazit weiß-ich-schon-seit-... ist, ist nicht sonderlich spannend.

Also fangen wir an - mit Seite 1:

DIE ZEIT, Ausg. 39 - Seite 1
Beim nächsten Mal wird alles besser macht einen Rückblick auf die deutsche Einheit. Den überfliege ich kurz, stelle fest, es geht im wesentlichen nur um die wirtschaftlichen Aspekte und erspare mir daher das Lesen. Erstens verstehe ich zu wenig von Wirtschaft, um die bruchstückhaften Informationen kritisch würdigen zu können, zweitens - was mit erstens zusammenhängt - interessiert es mich auch wenig.

Viel interessanter fand ich da den Chaosradio-Express Podcast 160 zur DDR, den ich vor kurzem gehört habe.

Von Jetzt wird regiert schreckt mich schon die zweite Überschrift ab: Die Kanzlerin zeigt Führungswillen. Aber reicht das den Wählern, sich mit der Politik zu versöhnen? Wenn das ein Resümee des Artikels in Frageform ist, kann man vom Artikel nichts erwarten. Führungswillen. Ich versöhne mich mit Angela Merkel doch nicht wegen irgendeines Führungswillen, wenn der Zwist auf ihren Taten beruht.

Hinter Schloss und Riegel ist ein Kommentar zum Thema Amoklauf und Schützenvereine. Tenor der zweiten Überschrift: Schützenvereine müssen jetzt abrüsten. D'accord - aber die Argumente dieser Diskussion sind mir bekannt, meine Meinung dazu habe ich mir schon gebildet (und gebloggt), das Lesen kann ich mir sparen, es sei denn, ich brauche gerade etwas Selbstbestätigung fürs Ego.

Den ganzen Kram in der rechten Spalte kann ich mir zu lesen sparen, er verweist nur auf das was kommt und das werde ich ohnehin gleich sehen.

Fazit von Seite 1: Drei Überschriften gelesen und einen Artikel überflogen. Zeitaufwand vielleicht 30 Sekunden.

Kommen wir also zur Doppelseite 2-3:

DIE ZEIT, Ausg. 39 - Seite 2-3
Linke Seite, linke Spalte, Worte der Woche. Von den 6 Leuten kenne ich nur zwei. Wirklich herausstechend ist nur Christine O'Donnell mit:

Wenn die Regierung das Volk fürchtet, dann herrscht Freiheit.

In V wie Vendetta heißt es: Ein Volk sollte nicht Angst vor der Regierung haben, eine Regierung sollte Angst vor dem Volk haben.

Frau Donnell merke ich mir - vielleicht kann man sie ja beizeiten beim Wort nehmen, wenn der Wahlkampf (Senat von Delaware) vorbei ist.

Darunter kommt eine Überschrift mit dem Worte Sarrazin - der Textblock wird übersprungen, genauso wir Dönhoff-Preis. Der Azubi-Diktator über Nordkorea wird übersprungen. Was dort passiert, entzieht sich ohnehin jeder Kontrolle und jedem Wissen. Über Nordkorea kann man daher alles und nichts schreiben.

Auf Seite 3 dann Wehe, wenn wir wieder regieren über die neue Stärke der Grünen. Den Artikel lese ich an, weil sich aber nach wenigen Sätzen abzeichnet, dass es nicht die Vielzahl von Informationen ist, die den Artikel so lang machen, sondern eher ein epischer Erzählstil, springe ich gleich etwas weiter. Können die Grünen, wollen die Grünen, ein paar kurze Statements von Grünen, usw. Wenig Substanz zu einem Thema mit wenig Substanz. CDU/FDP regieren, SPD kämpft einen Todeskampf, bleiben nur die Grünen zu denen mal als Wähler hinrennen kann. Eine typische Blase die genauso wieder platzen wird. Wenn sie eines verdeutlicht, dann nicht die Stärke der Grünen sondern die zunehmende Instabilität des Wählerwillens und den Bedeutungsverlust der Volksparteien. Ein Glück, dass sich das (noch?) auf die Grünen fokussiert und die Leute nicht gefrustet NPD & Co. wählen.

Fazit der Doppelseite 2-3: Ein Artikel angelesen und dann quergelesen, ein gutes Zitat gefunden, dass leider nach dem Wahlkampf wieder vergessen sein wird. Zeitaufwand vielleicht 3 Minuten.

DIE ZEIT, Ausg. 39 - Seite 4-5
Doppelseite 4-5 beschäftigt sich - außer mit Werbung für einen antiquiertes Statussymbol und irgendeinem driving coat damit, dass Frankreich Roma vertreibt während Millionen dagegen auf die Straße gehen, Sarkozy fett angefressen ist und für einen Politiker überraschend deutliche Worte findet und Angela Merkel - wir erinnern uns, die Frau mit dem neuen Führungswillen - nichts tut, außer zu dementieren, sie habe auch vor, demnächst Roma rauszuschmeißen.

Eingerahmt von zwei nichtssagenden Bildern von Sarkozy und seinem Gegenspieler Barrosso. Was für ein Fehlgriff in der Wortwahl.

Unten findet sich immerhin eine schöne Visualisierung, wie die neue Antimuslim-Rechte Europa erobert.

Weil mir das Thema allgemein bekannt ist, lese ich den Artikel nur quer. Er enthält in vielen schönen Worten nichts neues. Lediglich der schöne Satz Sie ist die stärkste Fraktion im Parlament und stellt einen Minister, genannt Bundesrat wirft mich so aus der Bahn, dass ich erstmal bei Wikipedia überprüfen muss, ob DIE ZEIT Mist schreibt, oder in der Schweiz tatsächlich ein Minister mit dem Namen Bundesrat existiert. Keins von beiden ist der Fall - die Schweizer nennen die Minister im Bundesrat auch einfach Bundesrat. Oder Bundesrätin. Wieder was gelernt.

Fazit für die Doppelseite 4-5: Schön, dass DIE ZEIT diesem Thema immerhin eine Doppelseite einräumt. Allerdings hätte man vielleicht auch einen Anrisstext auf Seite 1 platzieren können. Da steht ja sonst wenig sinnvolles. Und die Visualisierung mittels Europakarte ist ein typisches Beispiel dafür, wieviel besser man für so etwas das Medium Internet nutzen könnte. Ich erinnere nur mal an den Guardian bei den Afghanistan War Diarys. Da hätte man ganze Artikel pro Land anhängen können, statt jeweils nur einen doch stark verkürzenden Absatz im Artikel daneben zu schreiben, das ganze mit einer verstellbaren Zeitleiste verknüpfen, usw. Zeitaufwand hier etwa 5 Minuten.

DIE ZEIT, Ausg. 39 - Seite 6 -7

Nach einmal umblättern springt mir auf Doppelseite 6-7 Mitmachen? Warum nicht! entgegen, der sich mit Politikverdrossenheit und einem mangelnden politischen Engagement auseinandersetzt. Leider kommt der Artikel über Allgemeinplätze nicht heraus und die einzige Perspektive die er aufwirft ist, es müsse irgendwie Romane, Filme oder TV-Serien geben, die von der Attraktivität von Politik handeln. Ja sicher. Diesen Artikel zu lesen war Zeitverschwendung.

DIE ZEIT, Ausg. 39 - Seite 8 - 9
Zum Glück sieht man dem Artikel Wie politisch bin ich noch? sofort an, dass man ihn sofort überblättern kann. Ein Multiple-Choice-Test der einem dabei helfen soll, seine eigene politische Kompetenz einzustufen. Neben Fragen wir Welche Tiere tragen maßgeblich zum Treibhauseffekt bei und Wer wurde Bluthund genannt gibt es dann schöne Visualisierungen, zB von einem Anzugträger mit einer Baumkrone als Kopf. 

Auf Doppelseite 8-9 setzt sich das fort und dann kommt die Auswertung. Je mehr Punkte man hat, desto mehr geballte Fäuste kriegt man. Immerhin stand schon in der Überschrift, man solle die Fragen ernst, aber nicht zu ernst nehmen.

Fazit: Zwei Doppelseiten, eine Enttäuschung. Etwa 8 Minuten verschwendete Zeit. 

DIE ZEIT, Ausg. 39 - Seite 10 - 11
Auf Doppelseite 10 - 11 wird dann erstmal unter dem Titel Dynamo Deutschland Sigmar Gabriel zum künftigen Kanzlerkandidaten erhoben. Mit einem tollen Bild in der Mitte und einer nichtssagenden Bildunterschrift. Mehr als 5 Sekunden Aufmerksamkeit kriegt der Artikel nicht.

Der nächste Artikel Wir sind anders steht neben dem Beitrag der ZEIT zur Atomdebatte: Eine Werbeanzeige der Atomlobby, die Kernkraft als Partner regenerativer Energien darstellt: CO2-Ausstoß = Null, Klimaschützer unter sich. Ja, für Geld kann man in der ZEIT alles lancieren.

Der eigentliche Artikel auf Seite 11 dreht sich mal wieder um Ostdeutschland und er verspricht medienkritisch zu werden. Und aus irgendeinem Grund sind alle Absätze durchnummeriert. Keine Frage, den lese ich. Und stelle fest: Substanzieller Artikel, gute Arbeit Jana Hensel. Ist mir auch schon aufgefallen, aber so differenziert und detailliert habe ich das noch nicht betrachtet. Wäre es ein Online-Artikel, würde ich mir den jetzt in meinen Feedreader schieben, entsprechende Tags vergeben um ihn widerfinden und verlinken zu können. Leider gibt es ihn nicht online. (EDIT: Doch, es gibt ihn hier, danke @Anonym) Und so wird er verloren gehen. Trotzdem schaue ich noch bei Wikipedia, wer Jana Hensel ist. Ihren Namen merke ich mir.

Fazit: Ein guter Artikel, einen neuen Namen, Zeitaufwand ungefähr 15 Minuten.

DIE ZEIT, Ausg. 39 - Seite 12 - 13
Die Doppelseite 12 - 13 verspricht gut zu werden. Lässt sie tatsächlich zwei muslimische Frauen zu Wort kommen, die wohltuend rational die Debatte ums Muslimischsein vom Kopf auf die Füße stellen. Özlem Topçu mit Was alte Losungen nicht vorhersehen und Naika Foroutan mit Wer ist wir?.

Özlem Topçu hat auf ihrer Webseite sogar eine Vielzahl weiterer Texte veröffentlicht, die einen interessanten Lesestoff versprechen. Leider endet alles irgendwie Anfang 2009 und auch dieser Artikel ist nicht darunter. Aber ich finde ihn online bei der ZEIT, und so wandert er in mein digitales Archiv. Dasselbe gilt für Wer ist wir?.

Auf Seite 13 gibts einen Artikel pro Moskaus Bürgermeister den der russische Präsident nicht mag und darunter irgendein Bericht von den Phillipinen. Keiner der Artikel verspricht einen Mehrwehrt, den man nicht auch hätte twittern können. Ich lese sie nicht.

Fazit: Zwei gute Artikel, zwei neue Namen und mehr im Internet. Ein Verweis auf dieses Mehr hätte die ZEIT aber ruhig abdrucken können. Und man hätte beide Artikel lieber thematisch bei Seite 4 - 5 einordnen sollen. Zeitaufwand für diese Doppelseite: Ca. eine halbe Stunde; allerdings entfallen davon bestimmt zwei Drittel auf Nachrecherchen im Internet.

DIE ZEIT, Ausg. 39 - Seite 14 - 15
Doppelseite 14 - 15 ist dann wieder eine Enttäuschung. Sarrazin-Artikel überspringe ich sofort (don't feed the trolls), Afghanistan und Versagen des Westens ist mir bekannt, das Roland Koch jetzt Tête-à-tête mit dem Dalai Lama ist, zeigt nur seine Heuchelei - entweder heute oder gestern. Einen kurzen Schnipsel zu Hartz IV, einen langen Artikel über Ahmadineschad (don't feed the trolls) überlättere ich auch, und dass Demokratien ihre Fehler korrigieren können, ist zwar theoretisch klar, wird sich aber erstmal praktisch beweisen müssen. 
Fazit: Zeitaufwand ca. 30 Sekunden.


DIE ZEIT, Ausg. 39 - Seite 16 - 17
Die Seite 16 ist das Inhaltsverzeichnis, das Dossier beschäftigt sich auf Seite 17, 18 und 19 damit, dass das Drama verschütteter Bergleute zur Fernsehshow wird. Ja sowas gibts doch in Deutschland nicht.

Auf Seite 20 folgt dann die Wochenschau wo irgendeine Katarina Witt zur Miss Olympia 2018 stilisiert wird; da mich Sport nada interessiert und auch der Kulturschnipsel darunter mit irgendeinem chinesischen Dichterdissidenten nicht prickelnd erscheint, folgt der nächste Blick auf Seite 21.

DIE ZEIT, Ausg. 39 - Seite 20 - 21
Da gehts um Geschichte von vor Ewigkeiten und und irgendeiner Staufer-Schau in Mannheim; daneben um Casanova. Auf Seite 22 folgt dann ein Exkurs in die Kolonialzeit.

All das überspringe ich mangels Interesse. Und darum gibts darüber so wenig zu schreiben, dass ich hier nichtmal mehr alle Bilder hinquetschen kann, ohne dass aus diesem Artikel ein Bilderbuch wird oder ich Fülltext wie diesen hier produzieren muss.




DIE ZEIT, Ausg. 39 - Seite 22 - 23
Auf Seite 23 gehts dann weiter mit Wirtschaft, ein Thema wovon ich wie gesagt keine Ahnung habe und auch kein Interesse mitbringe. Sind das Spinner? (Fortsetzung auf Seite 24) beschäftigt sich mit einer Abkehr von dem Wachstumsdogma. Für eine fundierte Meinung wird das aber kaum ausreichen; da kann ich es auch gleich lassen. Rechts daneben gibts ein bisschen Maziere-Gebashe weil er dem Google-Gebashe nur eine Selbstverpflichtung folgen lässt. Unten gibts die Anekdote um die richtige Schnitzelgröße, die schon vor Tagen durch Twitter lief.


DIE ZEIT, Ausg. 39 - Seite 24 - 25

DIE ZEIT, Ausg. 39 - Seite 26 - 27
Auf Seite 25 gehts dann um S21, aber zu diesem Thema ist inzwischen wirklich alles gesagt. Zumindest im Netz. Seite 26 - 27 bietet dann in Denken, wie das Netz es will in einer Doppelseite Raum für eine Buchbesprechung von irgendeinem bald erscheinenden Buch. Sicherlich ein guter Artikel für Nicht-Netzies, aber nach wenig querlesen ist mir klar, dass es hier nur Altbekanntes gibt.

DIE ZEIT, Ausg. 39 - Seite 28 - 29


Auf Seite 28 schafft man es, immerhin eine Seite mit der Erkenntnis zu füllen, dass in ganz Europa der Sozialstaat abgebaut wird, Seite 29 handelt von irgendwelchen Firmen, dich ich nicht einmal kenne.
  
Inzwischen habe ich also 15 Seiten überblättert, doch es geht munter weiter. Auf Seite 30 - 31 geht's mal wieder um die DDR und ihre Wirtschaft, dann kommt auf Seite 32 als Artikel getarnte Werbung. Auf Seite 33 heult sich der angeblich erfolgreichste Banker Italiens aus, dass ihn keiner mehr will. Wahrscheinlich Resultat seines Erfolges.

Die Seiten 34, 35, 36 handeln dann von Silberpreis, Bankenfusionen, den Ermittlungen gegen die Telekom, Volkswagen und einer Einführung für Kinder, Warum gibt es Arbeitslose? und vom Erfolgsrezept einer miesen Zeitschrift namens Landlust.

Sicherlich, da sind einige heiße Themen bei - aber wie gesagt - nichts, wovon ich etwas verstehe. Auf Seite 37 gehts dann weiter mit radikalen Tierschützern gegen eine Hähnchenfabrik - bereits die Überschrift sagt einem alles was kommt.

DIE ZEIT, Ausg. 39 - Seite 54 - 55
So langsam wirds langatmig, ich verkürze mal: Ich werde den Wirtschaftsteil überlättern, im Wissen hier und da reinlesen, aber nichts spannendes finden, den Feuilleton überlättern aber mich vorher noch auf Seite 54 über eine richtig miese und unkritische Buchbesprechung zu Stephanie Guttenbergs Buch ärgern, die voll die emotionale Denkt-denn-niemand-an-die-Kinder Schiene fährt und mit dem Fazit endet: 
Frau Guttenberg denkt an die Kinder, deshalb sollen ihr die Unternehmen, die im Internet Kasse machen, 800.000 Euro für ein Selbsthilfeprogramm gemobbter Jugendlicher geben. Ich weiß natürlich nicht, ob die Autorin das Buch gelesen hat, aber angesichts der massiven Mängel dieses zusammenschusterten Propagandawerkes fällt es mir schwer, das zu glauben.

DIE ZEIT, Ausg. 39 - Werbung getarnt als Journalismus
Die Rubrik Reisen überblättere ich ebenfalls; die Texte fand ich noch nie gut, aber die Bilder habe ich mir früher gerne angeschaut. Aber da ist Google-Earth mit geogetaggten Panoramia-Fotos und geogetaggten Wikipedia-Artikeln längst kilometerweit vorbeigezogen. Dann kommt Beruf und dann Chancen, nochmal als Artikel getarnte Werbung, 10 Seiten Stellenanzeigen und auf Seite 96 ist Schluss.

Gesamtfazit: Drei gute Artikel, allerdings erst auf den Seiten 11 und 12 und nur zwei davon kann ich archivieren. Ebensoviele richtig schlechte Artikel, der Rest der toten Bäume wandert mangels Interesse mehr oder weniger ungelesen in den Müll. 

Ein wenig Erkenntnisgewinn, aber einen viel zu großen Teil meiner Zeit habe ich einfach damit verbracht, Artikel auszusortieren. Diese Filterfunktion übernehmen die systeminternen Mechanismen im Internet automatisch und besser; die Quote guter Artikel ist daher viel höher, die Artikel detaillierter, die Verweise besser, die Möglichkeit zur Archivierung jederzeit gegeben - und zwar ohne suchen.

Und natürlich hat eine Zeitung keine Möglichkeit zur Vertiefung, das erfolgt dann wieder im Internet, abseits der hierfür nicht existenten Angebote der Verlage.

EDIT: Es gibt noch mehr Menschen, die Zeitung lesen und sich fragen warum.

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Freitag, 24. September 2010

Religion als Bedrohung

Karl Doehring, Prof. Dr. Dres. h.c. schreibt in der FAZ einen Artikel darüber, dessen Kernaussage ist:

Der Islam ist verfassungsfeindlich.

Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Der Islam - also die Religion an sich - ist verfassungsfeindlich. Verfassungsfeindlich ist man, das sei hier kurz erwähnt, wenn man sich aktiv kämpferisch gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung richtet. Dazu gehört mehr als Kritik, der Wunsch sie zu ändern oder ihr ignorieren. Vielmehr muss man ein Verhalten an den Tag legen dessen Ziel es ist, die Verfassung abzuschaffen bzw. in ihren unverrückbaren Grundsätzen umzugestalten. Das wäre beispielsweise bei einer Abkehr vom Prinzip der Menschenwürde der Fall.

Und so schreibt Doehring:
Nach dem Grundgesetz ergibt sich ihr [der Menschwürde, Anm.d.Verf.] Inhalt, auch wenn er abstrakt schwer fassbar ist, doch weitgehend aus den einzelnen Wertvorstellungen, die das Grundgesetz betont, etwa aus dem Gedanken und dem Charakter des Persönlichkeitsschutzes, der Eigentumsordnung, des Toleranzgebots, des Gleichheitssatzes oder der Religionsfreiheit, um nur wesentliche Werte zu nennen.
Da muss ich erstmal Schlucken. Das alles ist Menschenwürde? Unsere Eigentumsordnung? Die Religionsfreiheit? Angelehnt an Kant definierte Josef Wintrich Menschenwürde als ein Verkennen der jedem Menschen ob seines Menschseins zukommenden Achtungsanspruches der verletzt ist, wenn der Mensch zum bloßen Objekt, einem bloßen Mittel, zur vertretbaren Größe gemacht wird. Und es ist gut und richtig, den Begriff der Menschenwürde so eng zu fassen, denn nur so kann er seine Funktion als letzte Schranke, als unübertretbare Linie bewahren.

Dann geht es weiter mit einem suggestiven Zirkelschluss:
Immer wieder betont der Islam beziehungsweise seine Vertreter, dass die islamische Menschenwürde dann voll erfüllt sei, wenn der Muslim sein Leben in voller Übereinstimmung mit Koran und Scharia einrichte, wie das schon sehr klar 1981 auf einer Konferenz in Kairo bei Behandlung der Menschenrechte im Islam erklärt würde.
Dies dient als Beleg für einen schroffen Gegensatz zwischen Islam und Verfassung. Er ist aber nur dann einer, wenn man unterstellt, dass ein Leben nach Koran und Scharia der Menschenwürde widerspricht, also genau das als gegeben annimmt, was man eigentlich beweisen wollte. Ein rhetorischer Taschenspielertrick, bei dem der Leser die Argumentation mit den eigenen Vorurteilen ausfüllen soll aber nach dem Lesen denkt: Aber dieser clevere Prof. Dr. Dres. h.c. hat das doch argumentativ belegt.

Wie man aber überhaupt von einer Religion pauschal irgendwas behaupten kann, ist mir schleierhaft. Das ist eine Vereinheitlichung, bei der jedem klar sein muss, dass sie falsch ist. Sie muss falsch sein, weil es eine solche Einheit niemals gibt. Die Welt ist nicht so einfach und überschaubar.

Es gibt auch nicht das Christentum. Ein bayrischer Christ der jeden Sonntag in die Kirche geht, nach den 10 Geboten lebt, die Hungernden speist (was übrigens ebenfalls der Koran verlangt) und mit der Gewissheit stirbt, sich trotz aller Fehler redlich darum bemüht zu haben, ein guter Mensch zu sein, hat genau was zu tun mit einem amerikanischen Pastor, der zum Verbrennen des Koran aufruft? Mit Priestern, die ihre Ministranten die Festigkeit und Härte ihres Glaubes spüren lassen? Oder mit einer Eva Hermann die sich nicht entblödet, ein auf massivem Planungsversagen beruhenden tragischen Unfall als Strafe Gottes hinzustellen?

Auch die Schlussfolgerung Doehrings, der Islam könne nicht zwischen weltlichem und kirchlichem Recht trennen, was daraus folge, dass es Staaten gibt, die den Islam als Quelle des Rechts ansehen, ist offensichtlich ein Fehlschluss. Denn nur, weil ein Staat eine Religion als Rechtsgrundlage heranzieht, bedeutet das noch nicht, dass umgekehrt die Religion und insbesondere ihre Anhänger nicht in der Lage wären, zwischen Staat und Religion zu trennen.

Welche Ironie übrigens, dass am selben Tag, an dem die FAZ diesen Text Doehrings veröffentlicht, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entscheidet: Eine Kündigung durch die katholische Kirche wegen Ehebruchs verstößt gegen die Menschenrechte.

Klar, ausgerechnet wir haben unser Problem mit der Trennung von Staat und christlicher Kirche gelöst. Der Vatikan hat einen Sitz in der UNO, wir zahlen jährlich Millionensummen aus Staatsgeldern (nicht Kirchensteuer!) an die christlichen Kirchen und stellen nach wie vor die Vielehe unter Strafe. Die Kirche hat ihre Vertreter in Kommissionen wie der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien und entscheidet so mit, was wir sehen dürfen und was für uns zu gefährlich ist. Sie hat in der Verfassung das verbürgte Recht, ihre Lehren an unseren Schulen zu verbreiten. Und wenn dann mal wieder ans Tageslicht kommt, dass großflächig Kinder von Geistlichen sexuell missbraucht werden, wird ein runder Tisch eingerichtet und nicht etwa die Staatsanwaltschaft losgeschickt. Wir haben es der Kirche erlaubt eine Parallelgesellschaft zu bilden, in welcher sie ungestört eigene Regeln und Gesetze machen darf, wo weltliches Arbeitsrecht nur bedingt Geltung erlangt und die Möglichkeiten des Rechtsschutzes beschränkt sind. Eine Parallelwelt, in der ein eigenes kirchliches Rechtssystem existiert mit eigenen Gerichten und eigenen Richtern. Alles unter dem Schutz unserer Verfassung. Was wäre eigentlich los, wenn die muslimische Kirche Arbeitnehmer feuert, weil diese sich weigern, ihrer Frau ein Kopftuch aufzuzwingen? Oder eine Frau nicht einstellt, weil sie eine Frau ist?

Es gibt ein Problem in diesem Land mit der Integration von manchen Muslimen. Meiner Erfahrung nach insbesondere mit Männern, denen unsere auf Freiheit und Gleichberechtigung aufgebaute Gesellschaft ihre Paschastellung unter dem Hintern wegzieht; die muslimischen Frauen sind oft schon zwei Schritte weiter.

Das sind aber Peanuts gegen die allgemeine Gefahr des religiösen Revivals der letzten Jahre, das wir in der gesamten westlichen Welt beobachten können. Jeden Tag, an dem wieder ein Kampf der Religionen propagiert wird, an dem billig hetzerisch oder akademisch pseudo-objektiv eine andere Religion als Gefahr dargestellt wird, der man sich nur mit Null Toleranz erwehren kann, an der Intelligent Design als gleichberechtigte Alternative zur Evolutionstheorie an Schulen gelehrt wird und an dem wir Kriege mit Gottes Segen führen, zeigt sich erneut, wie dünn die Maske unserer angeblichen Zivilisation und Aufklärung ist. Und wieviele Risse sie inzwischen hat.

Danisch schreibt daher völlig zu Recht:
Die Bedrohung unseres Rechtsstaates heißt nicht Islam. Der ist nur eine Ausprägung davon. Das Problem heißt Kirche bzw. die Strukturen der Glaubensinstitutionen.
Es ist an der Zeit, den sich zunehmend breitmachenden religiösen Einfluss zurückzudrängen in den Privatbereich, unter dem starken Schutze der Religionsfreiheit, aber der Verfassung und den weltlichen Gesetzen unterworfen.

Donnerstag, 23. September 2010

Hauptsache nicht drauf hören

Erinnert ihr euch noch an diese Mär von den Kinderpornoländern wo man ja nix machen kann? Somalia zum Beispiel, da wo die Leute nix zu beißen haben aber hochmoderne Rechenzentren stehen - trotz der unzuverlässigen Stromversorgung und der kaum existenten Anbindung ans Internet. Oder Indien, wo Pornographie allgemein verboten ist. 

Heute heißt es: 84-90% liegen in den USA oder Russland. Schön das ihr das jetzt wisst liebes BKA, aber wir wussten das schon vor anderthalb Jahren. Und haben es euch gesagt. Aber Hauptsache nicht auf Leute hören, die irgendwas davon verstehen.

Oh und ihr bemängelt, ihr würdet oft keine Rückmeldung bekommen. Welch Wunder, wenn ihr irgendeine nichtstaatliche Stelle in Deutschland benachrichtigt, die dann die zuständige Polizei im Ausland und die dann irgendwen, mit etwas Glück direkt die Provider. Nach 7 Tagen guckt ihr dann also nach, ob die Webseite noch da ist. Habt ihr dafür eigentlich wen angestellt? Einen, der nen Zettel kriegt, die URLs abtippt, guckt ob da noch ne Kinderpornoseite ist? Und dann nen Haken macht? Und wenn ihr nen Schatz im See versenkt, markiert ihr dann die Stelle am Boot?

Liebes BKA, ich verrate euch was: Diese Computerdinger haben zwar auch so Buchstabentasten, sind aber trotzdem mehr als eine digitale Schreibmaschine. Zum Beispiel können die automatisch gucken, ob eine Webseite noch da ist. Jeden Tag. Jede Stunde. Jede Minute. Auch am Wochenende, also da wo ihr nicht arbeitet.

Ich mache euch nen Vorschlag: Ich stelle euch einen Dienst zur Verfügung, in den ihr eure Kinderpornolisten reinkippen könnt. Dieser kontaktiert mittels eines hochkomplizierten Verfahrens (ein Patent darauf ist angemeldet) automatisch die Provider bei denen der Kram liegt, prüft in kurzen Intervallen die Reaktionen und erstellt euch eine schöne bunte Statistik mit Tortendiagrammen, Weltkarten, Marketingblasen und Tabellen, die ich euch monatlich in gedruckter Form zukommen lasse. Denn wie jeder weiß sind nur Zahlen auf Papier  was wert.

Und weil ich dafür eine wirklich hochkomplizierte Software schreiben muss und damit ihr erkennt, dass ich wirklich Ahnung habe und das kann und das Produkt super ist, kostet das ganze natürlich was. Sagen wir 99€ pro Kinderpornoseite und 199€ pro Exemplar der Statistik. Plus 1999€ Grundgebühr / Monat. Zzgl. Mwst. Milliardenmarkt Kinderpornographie und so, aber das sind euch unsere Kinder doch sicherlich wert, oder? Der Dienst stünde euch dann eine Woche nach Vertragsabschluss zur Verfügung.

Aber vielleicht wollt ihr das ja gar nicht. Denn inzwischen ist jedem klar, dass Löschen viel besser ist als Sperren, weil Sperren wie weggucken ist wenn was Schlimmes passiert. Deshalb brauchen wir ja jetzt Sperren, weil Löschen so langsam ist. Und es wär ja schon doof, wenn Löschen nicht mehr langsam ist. Und das könnte ja passieren. Zum Beispiel, wenn man auf Leute hört, die irgendwas davon verstehen.

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Grundgesetz ändern Teil 2: Der Schutz von Ehe und Familie



Einleitung


Im ersten Teil dieser Serie (Grundsätzliches über das Grundgesetz) habe ich das grundlegende Dilemma der Piraten erklärt und versucht Kriterien aufzuzeigen, anhand derer sich piratige Politik orientieren sollte, wenn sie eine Änderung des Grundgesetzes in Angriff nimmt. Da sie Ausgangspunkt dieses Textes sind, gebe ich sie noch einmal kurz wieder:
  • Vor jeder Änderung oder Streichung bestehender Vorschriften muss sich eine verantwortungsvolle Politik besonnen fragen: Was haben sich die Verfassungsväter mit dieser Vorschrift gedacht? Und warum ist der dahinterstehende Gedanke überholt oder bedarf einer neuen Ausgestaltung?
  • Vor jeder Ergänzung muss sich eine nachhaltige Politik fragen: Handelt es sich hier wirklich um einen Grundwert und besitzt er eine solche gesellschaftliche Relevanz, dass er einer grundgesetzlichen Adelung bedarf? 
  • Und zuletzt muss eine demokratische Politik auch immer die Frage stellen: Wird die gewünschte Veränderung tatsächlich von einer überragenden Mehrheit der Gesellschaft geteilt? Denn deswegen stehen vor jeder Grundgesetzänderung die hohen Hürden einer qualifizierten 2/3-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat. 


Der Schutz von Ehe und Familie


Ein Anliegen der Piraten ist die Gleichstellung aller Lebensgemeinschaften gegenüber dem Staat. Seine Aufgabe soll es nicht sein, durch Gewährung von Vorteilen bestimmte Lebensgemeinschaften einen höheren Stellenwert einzuräumen als anderen. Dies folgt aus dem Gedanken der Gleichberechtigung und der Neutralitätspflicht des Staates. Eine Vorschrift des Grundgesetzes, die dieser Gleichstellung explizit im Wege steht, ist Artikel 6 Absatz 1 des Grundgesetzes:
Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
Denn diese schützt zwar jede Familie - egal wie sie jetzt strukturiert ist - aber als Beziehungsform allein die Ehe.



Sinn und Zweck des Eheschutzes


Doch was ist eigentlich der Sinn des Schutzes der Ehe? Betrachtet man den Kontext, also die weiteren in Artikel 6 GG enthaltenen Vorschriften, lässt sich festhalten: Kinder spielen eine wichtige Rolle. Die Ehe ist mithin die Quelle von Kindern und die Kinder sind die Zukunft jeder Gesellschaft. Das Bundesverfassungsgericht bezeichnete daher die Ehe früher auch gerne als Keimzelle der Gesellschaft.

Allerdings ist eine Ehe mehr als - um es mal technisch auszudrücken - ein Kinderproduktionsverbund. Sie ist zugleich, genau wie die Familie, eine kleine Solidargemeinschaft, ein Vertrauensverhältnis, ein Aufsprengen der Isolation reiner Individualität und wesentlicher sozialer Bezugspunkt. Deshalb muss sie als wesentlicher Teil persönlicher Freiheitssphäre geschützt werden.

Dass die Verfassungsväter alleine die Ehe unter den Schutz des Grundgesetzes stellten, ist damit zu erklären, dass es damals die einzige Beziehungsform war, die gesellschaftliche Akzeptanz erfahren hat und defacto auch die einzige, in der man Kinder bekommen und aufziehen konnte. Ein Ausdruck dieser Einstellung ist der 1998 abgeschaffte § 217 Strafgesetzbuch, der eine Mutter, die ihr Kind nach der Geburt tötete, weniger hart bestrafte, wenn es sich um ein uneheliches Kind handelte. Ratio war die psychische Zwangslage der Mutter, die mit der Geburt eines unehelichen Kindes einherging.



Abschaffen oder Erweitern?


Die gesellschaftliche Veränderung, die heute eine Vielzahl von Beziehungsentwürfen zulässt, hat aber den Schutz der Ehe nicht obsolet werden lassen. Sie ist heute genauso schützenswert wie zur Zeit der Schaffung der Verfassung. Insofern darf eine Abschaffung des Schutzes der Ehe nicht Ziel piratiger Politik sein. Daher müssen wir dieses Meinungsbild noch einmal überdenken.

Angezeigt ist keine Abschaffung des grundrechtlichen Schutzes sondern vielmehr eine Ausdehnung auf sämtliche Beziehungsformen, die eine gewisse Ernsthaftigkeit mit sich bringen, auf einige Dauer mit dem Ziel einer gemeinsamen Lebensführung angelegt sind und auf Freiwilligkeit und Gleichberechtigung beruhen. Dies umfasst die traditionelle Ehe genauso wie gleichgeschlechtliche Partnerschaften oder polyamore und polygame Konstruktionen.

Insbesondere konservative Menschen sehen die Ehe aber auch als eine quasi-natürliche, richtige und über anderen Beziehungskonstruktionen stehende Form des menschlichen Zusammenlebens an, als etwas Besonderes, das gegenüber anderen Beziehungsentwürfen privilegiert werden soll; der etwas technisch-verschwurbelte Begriff dafür ist Abstandsgebot. Dieses Argument wird auch von einigen Piraten, bspw. Validom und Frank Mazny angeführt. So schreibt Frank:
Natürlich ist die monogame, heterosexuelle Ehe die durch Kinder zur Familie wird historisch erwachsen. Einfach deshalb, weil sie seit Anbeginn der Menschheit das ideale Modell für Familie ist, und sich seit tausenden von Jahren bewährt hat.
Einer solchen Auffassung fehlt allerdings letztlich jede rational-argumentative Grundlage; sie lässt sich allein mit einer christlich-kulturell geprägten Geschichte begründen und zeugt - verzeih mir meine Deutlichkeit Frank - von einem Denken, das am Tellerrand der abendländischen Kultur endet. 
Auch in anderen Kulturkreisen gibt es historisch gewachsene Beziehungsformen, die von unserer Ehe weit entfernt sind. Und auch dort werden Menschen diese zu einer Idealform erheben und damit genauso falsch liegen.

Denn auch andere Beziehungsformen bieten einen Raum für innere Solidarität, können Grundlage eines Kindeswunsches sein und dem Kind einen Entwicklungsrahmen sichern. 

Ich persönlich lehne sowohl die Idee eines Abstandsgebotes als auch die dazugehörige Argumentation entschieden ab. Sie ist eher für die CDU/CSU angemessen, als für uns Piraten, die wir nach unserem Selbstverständnis nackte Ideologie als Grundlage von Entscheidungen ablehnen und stattdessen rational aus Fakten Lösungen entwickeln möchten und dabei die Freiheit des Menschen als selbstbestimmtes Wesen in den Mittelpunkt stellen.

Die Hüter der heiligen Kuh übrigens lehnen die Existenz eines Abstandsgebotes ebenfalls ab. So schreibt da Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zum Lebenspartnerschaftsgesetz in Randnr. 98:
Dem Gesetzgeber ist es wegen des verfassungsrechtlichen Schutzes der Ehe aus Art. 6 Abs. 1 GG nicht verwehrt, diese gegenüber anderen Lebensformen zu begünstigen... Aus der Zulässigkeit, in Erfüllung und Ausgestaltung des Förderauftrags die Ehe gegenüber anderen Lebensformen zu privilegieren, lässt sich jedoch kein in Art. 6 Abs. 1 GG enthaltenes Gebot herleiten, andere Lebensformen gegenüber der Ehe zu benachteiligen. Dies verkennt die Richterin Haas in ihrer abweichenden Meinung, wenn sie das Fördergebot des Art. 6 Abs. 1 GG als ein Benachteiligungsgebot für andere Lebensformen als die Ehe versteht. Art. 6 Abs. 1 GG privilegiert die Ehe durch einen nur ihr zukommenden verfassungsrechtlichen Schutz und verpflichtet den Gesetzgeber, sie mit den ihr angemessenen Mitteln zu fördern. Ein Gebot, andere Lebensformen zu benachteiligen, lässt sich hieraus jedoch nicht ableiten. 
Eine Entscheidung die Pflichtlektüre sein wird, wenn es darum geht, die Beendigung der Diskriminierung alternativer Beziehungsmodelle in Gesetzesform zu gießen. Auch heute schon lege ich sie jedem ans Herz, der sich für diese Diskussion interessiert.



Fazit


Selbstkritik tut Not; oben erwähntes Meinungsbild hätte in dieser Form bei den Piraten Widerspruch bekommen müssen. Auch und gerade von mir und anderen mit einem juristischen Background. Trotzdem darf für Piraten das Grundgesetz nicht sakrosant sein, wir müssen aber Forderungen nach Grundgesetzänderungen intensiver diskutieren - die Eingangs genannten drei Punkte können hier eine Orientierung bieten. Dies gilt nicht nur für Initiatoren, sondern gerade auch für diejenigen, die eine Initiative unterstützen, in der eine Änderung des Grundgesetzes gefordert wird. Wer eine Stimme hat, hat entsprechend Verantwortung.

Unseren Grundsatz, die rationale, ergebnisoffene Entwicklung von Lösungen anhand von Fakten, dürfen wir aber nicht über Bord werfen. Denn dieser ist kein Selbstzweck sondern soll sicherstellen, die bestmögliche Lösung für ein Problem zu finden.

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Dienstag, 21. September 2010

Grundgesetz ändern Teil 1: Grundsätzliches über das Grundgesetz

Hinter diesem umständlichen Titel verbirgt sich der Versuch, eine sachliche Debatte bei den Piraten über Änderungen des Grundgesetzes anzustoßen. Einige Piraten lehnen solche ab aus der Erfahrung, dass Änderungen des Grundgesetzes in der Vergangenheit immer hieß: Die Politik will Freiheiten beschneiden und weil das Bundesverfassungsgericht das nicht zulässt, ändert man das Grundgesetz.

In gewisser Hinsicht ist aus der andauernden, richtigen Ablehnung von konkreten Grundgesetzänderungen der Eindruck entstanden, das Grundgesetz sei gewissermaßen eine heilige Kuh. Und so treffen Änderungsideen oftmals auf mehr Widerstand bei den Piraten, als beispielsweise die Abschaffung des strafrechtlichen Inzestverbotes. (Update: Felix Neumann fasst dies bei carta.info gut zusammen)

In einer Verfassung - und eine solche ist das Grundgesetz trotz des anderen Namens - die sich eine Volk als Souverän gibt, konstituiert es sein politisches und rechtliches System und gibt sich die Grundwerte, an denen es sein Handeln orientieren will. Das gesamte sogenannte einfache Recht wird aus ihr heraus entwickelt und muss mit ihr in Einklang stehen. Damit ist eine Verfassung immer eine Richtungsentscheidung.

Naturgemäß handelt es sich daher bei grundgesetzlichen Regelungen um langfristig angelegte, gewissermaßen geronnene philosophische und politiktheoretische Ideen, die Resultat eines sehr langen und oftmals blutigen Lern- und Entwicklungsprozesses sind. Leichtfertige Änderungen sind daher genauso abzulehnen wie solche, die lediglich aus tagespolitischen Gründen vorgenommen werden.

Doch wenn sich die Grundwerte einer Gesellschaft ändern, dann muss das Grundgesetz dem folgen. Tut es dies nicht und entkoppelt es sich so zunehmend von der Lebensrealität der Menschen, verliert es seine Legitimation; die gute Absicht es zu bewahren führt zum Verlust seiner Relevanz.
  • Vor jeder Änderung oder Streichung bestehender Vorschriften muss sich eine verantwortungsvolle Politik daher besonnen fragen: Was haben sich die Verfassungsväter mit dieser Vorschrift gedacht? Und warum ist der dahinterstehende Gedanke überholt oder bedarf einer neuen Ausgestaltung?
  • Vor jeder Ergänzung muss sich eine nachhaltige Politik fragen: Handelt es sich hier wirklich um einen Grundwert und besitzt er eine solche gesellschaftliche Relevanz, dass er einer grundgesetzlichen Adelung bedarf?
  • Und zuletzt muss eine demokratische Politik auch immer die Frage stellen: Wird die gewünschte Veränderung tatsächlich von einer überragenden Mehrheit der Gesellschaft geteilt? Denn deswegen stehen vor jeder Grundgesetzänderung die hohen Hürden einer qualifizierten 2/3-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat.
An den Punkten 1 und 2 muss sich jede politische Intiative - insbesondere die einer freiheitlichen, sachlich-rationalen Piratenpolitik - messen lassen, um dann im Sinne des Punktes 3 die Idee in die gesellschaftlich-politische Debatte zu tragen.

In Folge dieser Serie werde ich daher Punkte aufzeigen, an denen mir eine Modernisierung unserer Verfassung notwendig erscheint. Es beginnt aus aktuellen Anlass mit Artikel 6 GG - dem Schutz von Ehe und Familie - und wird dann mit Artikel 5 I 2 GG, der Presse- und Rundfunkfreiheit, weitergehen. Auch auf den Grundsatz der Gleichbehandlung werden ich zu sprechen kommen sowie auf die verfassungsrechtlichen Problematiken, die mit einer stärkeren Trennung von Staat und Kirche zusammenhängen.

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Alle Jahre wieder kommt ein Amokläufer

Alle Jahre wieder, kommt jemand und schießt um sich. In Erfurt, Winnenden, Emsdetten. Und jetzt in Lörrach.

Jede dieser Taten ist tragisch, aber Amoklaufen liegt wohl in der menschlichen Natur. Ehrlich gesagt wundere ich mich zuweilen angesichts des psychischen Krieges, den viel zu viele Menschen tagtäglich gegeneinander führen, dass dies nur so selten passiert.

Nun schlägt Lörrach statistisch etwas aus der Art, weil Frauen nur sehr selten Amok laufen. Aber all diese Amokläufe haben etwas gemeinsam: Die Waffen stammen aus Schützenvereinen - die Ausnahme bildet hier allein Emsdetten, doch auch hier handelte es sich teilweise um frei verkäufliche Waffen.

Nun liegt auf der Hand, dass jeder halbwegs intelligente Mensch auch ohne Schützenvereinswaffen einen passablen Amoklauf hinlegen kann. Aber es wird immerhin schwieriger - und zwar mehr schwieriger, als bspw. das Besuchen einer Webseite mit BKA-Stoppschild, was man ja schon wegen des symbolischen Wertes unbedingt machen muss.

Aber zurück zum Thema: Wenn fast alle Amokläufe mit Waffen aus Schützenvereinen begangen werden, sollte man dort doch vielleicht wirklich ansetzen. Es reicht ja schon, wenn nur noch Waffen erlaubt wären, die auf Grund von Feuerkraft, Schussfrequenz und Formung der Geschosse keine tödliche Wirkung haben. Aber nein, sowas ist nicht drin.

Und sogar Wolfang Bosbach, ein Scharfmacher der CDU (man erinnere sich: Für Verbot von Egoshootern, für Zensur, gegen Religionsfreiheit für Muslime) meint in DIE ZEIT:
Wegen einer solchen Tat kann man nicht Millionen von Sportlern die Ausübung ihres Sports verbieten.
Ja wirklich? Aber Millionen von Computerspielern kann man wegen "einer solchen Tat" das Spielen von Computerspielen verbieten, mit denen man mal genau gar niemanden töten kann und deren Ursächlichkeit und Einfluss auf Amokläufe und Gewaltbereitschaft bisher in keinster Weise belegt sind.
Nichtmal Christian Pfeiffer vom Kriminalistischen Forschungsinstitut Niedersachsen ist dies gelungen, obwohl der ja nun seinen ganz eigenen Privatkrieg gegen digitale Unterhaltungsmedien führt und es weder mit Korrektheit noch mit wissenschaftlicher Methodik allzu genau nimmt.

Also lieber Bosbach: Wenn ich von dir jemals wieder etwas über ein Verbot von Egoshooter höre, werde ich dir deine heutigen Worte in aller Höflichkeit um die Ohren hauen. Wobei ich schon den signifkanten Unterschied ahne: Die einen haben eine Lobby auf dem Oktoberfest, die anderen haben nur eine Stimme in diesem ohnehin total gefährlichen Internet, das man sich morgens ausdrucken lässt.

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Mittwoch, 15. September 2010

Qualitätsjournalismus


so also wird verlogene Medienhetze "Qualitätsjournalismus" produziert... ist dem mann nicht klar, dass sein handeln blutige folgen hat? oder ist ihm das egal?

Update: Die Spiegel-TV Reportage ist jetzt raus. Und bei carta.info weist ein Kommentator zutreffend darauf hin, dass der Videomacher dem dubiosen Verein EZP angehört, der ähnlich tendenziös ist, wie Spiegel-TV. Allerdings sind zwei Dinge zu bedenken: Erstens schimpft sich Spiegel-TV Journalismus, weshalb zu Recht höhere Anforderungen zu stellen sind, was Neutralität, Ausgewogenheit, Wahrheitstreue und Verantwortungsbewusstsein anbetrifft, als an eine Vereinigung, die offen und für jeden erkennbar ein bestimmtes Ziel verfolgt.
Zweitens ändert das nichts daran, dass der Vorwurf an den Spiegel-TV-Menschen sachlich ins Schwarze trifft.

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Dienstag, 14. September 2010

Grenzen des Urheberrechts und Sinn und Zweck von Kunst

Bei der ganzen Diskussion um wirtschaftliche Details des Urheberrechts und des sog. geistigen Eigentums wird der wohl wichtigste Aspekt viel zu häufig vergessen, nämlich der Umstand, das Kunst primär eine Ausdrucksform ist die ihren Teil zum gesellschaftlichen Diskurs beitragen will. Natürlich soll auch der Künstler überleben, aber eine Industrie, die Kunst der Gewinnmaximierung wegen zu einer knappen, kontrollierten Ware macht, pevertiert ihren Zweck. (Davon, dass von diesen Gewinne natürlich nur die Brotkrumen letztlich beim Künstler landen, mal ganz abgesehen)

Und weil das Bundesverfassungsgericht immer viel schönere Worte findet als ich, zitiere ich mal:
Dabei ist grundlegend zu beachten, dass mit der Veröffentlichung ein Werk nicht mehr allein seinem Inhaber zur Verfügung steht. Vielmehr tritt es bestimmungsgemäß in den gesellschaftlichen Raum und kann damit zu einem eigenständigen, das kulturelle und geistige Bild der Zeit mitbestimmenden Faktor werden. Es löst sich mit der Zeit von der privatrechtlichen Verfügbarkeit und wird geistiges und kulturelles Allgemeingut. Dies ist einerseits die innere Rechtfertigung für die zeitliche Begrenzung des Urheberschutzes, andererseits führt dieser Umstand auch dazu, dass das Werk umso stärker als Anknüpfungspunkt für eine künstlerische Auseinandersetzung dienen kann, je mehr es seine gewünschte gesellschaftliche Rolle erfüllt. Diese gesellschaftliche Einbindung der Kunst ist damit gleichzeitig Wirkungsvoraussetzung für sie und Ursache dafür, dass die Künstler in gewissem Maß Eingriffe in ihre Urheberrechte durch andere Künstler als Teil der sich mit dem Kunstwerk auseinander setzenden Gesellschaft hinzunehmen haben. Zur Bestimmung des zulässigen Umfangs dieser Eingriffe dienen die Schrankenbestimmungen des Urheberrechts ..., die ihrerseits aber wieder im Lichte der Kunstfreiheit auszulegen sind und einen Ausgleich zwischen den verschiedenen - auch verfassungsrechtlich - geschützten Interessen schaffen müssen. Dem Interesse der Urheberrechtsinhaber vor Ausbeutung ihrer Werke ohne Genehmigung zu fremden kommerziellen Zwecken steht das durch die Kunstfreiheit geschützte Interesse anderer Künstler gegenüber, ohne die Gefahr von Eingriffen finanzieller oder inhaltlicher Art in einen künstlerischen Dialog und Schaffungsprozess zu vorhandenen Werken treten zu können.
Steht - wie vorliegend - ein geringfügiger Eingriff in die Urheberrechte ohne die Gefahr merklicher wirtschaftlicher Nachteile ... der künstlerischen Entfaltungsfreiheit gegenüber, so haben die Verwertungsinteressen der Urheberrechtsinhaber im Vergleich zu den Nutzungsinteressen für eine künstlerische Auseinandersetzung zurückzutreten. (BVerfG in 1 BvR 825/98, Rn. 23 f.)
 

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Donnerstag, 9. September 2010

the turning point

die kernfragen sind doch die: wollen wir die möglichkeit ausschlagen, die knappheit an bildung, wissen, kultur und jeder art von informationen zu beenden, nur weil wenige viel daran verdienen?

wollen wir ernsthaft ein alle menschen persönlich und in bildung, wissen und kultur verbindendes kommunikationsnetz in künstliche länderinseln zerlegen, weil wir schon immer auf inseln gelebt haben?

wollen wir damit fortfahren, den status quo zu tode zu verwalten, weil uns die hysterische rangelei um einen für viele zunehmend kleiner werdenden kuchen keine zeit und phantasie lässt, um die noch nichtmal ansatzweise erschlossenen chancen zu erkennen?

das sind die fragen. alles andere ist nur geplänkel.
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Montag, 6. September 2010

Jörg Ziercke - Der große Desinformator II

Und es geht weiter im Theater; diesmal braucht man die Vorratsdatenspeicherung (VDS) zurück, die ja total alternativlos aber "leider" verfassungswidrig ist.
"60 Prozent der Ermittlungen gehen ins Leere", sagte Jörg Ziercke, Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), laut dpa. ... In bis zu 85 Prozent der Fälle könne seitdem der Computer, der für eine Straftat benutzt werde, keinem bestimmten Nutzer mehr zugeordnet werden, sagte Ziercke. Bei mehr als zwei Drittel der unbeantworteten Anfragen gehe es um Kinderpornografie. (heise.de)
1. Auch mit VDS lässt sich ein Computer nicht besser oder schlechter einem bestimmten Nutzer zuordnen. Genausowenig wie sich auch mit VDS eine IP häufig nicht einem bestimmten Computer oder gar einem bestimmten Nutzer zuordnen lässt.

Einzig und allein einem Anschlussinhaber lässt sich mit VDS eine spezifische IP zuordnen, dank NAT aber kommen häufig eine Vielzahl von Endgeräten die mehreren Personen gehören können für einen Zugriff in Frage. Was genau also hat die VDS mit diesem Problem zu tun? Genau gar nichts. Aber wer versteht das schon?

2. Ohne Vergleichswert sind Zahlen wertlos. Mit Vergleichswert dagegen stellt man fest: Die VDS hat keinerlei Auswirkungen auf die Anzahl der Vergehen oder die Aufklärungsquote. Dazu muss man nur einen Blick in die polizeiliche Kriminalstatistik (des BKA) werfen:
Im Jahr 2008, in dem Internet-Einwahlen und E-Mails von den Anbietern allenfalls kurzfristig protokolliert wurden, wurden danach 167.451 Internet-Straftaten registriert, die zu 79,8% aufgeklärt werden konnten. Im Jahr 2009, in dem alle Internet-Einwahlen und E-Mails für sechs Monate protokolliert wurden, registrierte die Polizei demgegenüber 206.909 begangene Internet-Straftaten, und ihre Aufklärung gelang nur zu 75,7%. (vorratsdatenspeicherung.de)
Aber sowas taugt natürlich nicht, um die eigene Agenda zu rechtfertigen. Genausowenig wie ein Vergleich mit der Offline-Welt: Dort liegt die durchschnittliche Aufklärungsrate bei etwa 55%. Bei Internet-Straftaten dagegen liegt sie zwischen 75% und 85%.

3.  Relative Zahlen sagen genau garnichts aus. Wenn seit dem Exitus der VDS 9 Straftaten nicht aufgeklärt werden konnten, die möglicherweise mittels VDS hätten geklärt werden können, dann hätten 6 davon Kinderpornographie betroffen. Genausogut könnten es natürlich auch 9 Milliarden Straftaten sein. Who knows? Ja, Herr Ziercke vermutlich. Doch angesichts des klaren Interesses Zierckes ist sicher: Die absoluten Zahlen sind weniger imposant als die relativen "bis-zu-%"-Angaben, sonst hätte man diese instrumentalisiert.

4. Die VDS umfasste weit mehr, als die Speicherung der IP. Gespeichert wurde, wer wann mit wem telefoniert, e-Mails ausgetauscht oder SMS geschrieben hat; bei Benutzung eines Handys zusätzlich denrjeweilige Standort. Was natürlich mit "Kinderpornographie im Internet" wiederum genau gar nichts zu tun hat, aber die Keule Kinderpornographie eignet sich nunmal so hervorragend, diesen Rattenschwanz zu vernebeln.

5. Kinderpornographie im Internet ist ein inszeniertes Problem; mediale Aufregung und Kanonerie stehen in keinem vernünftigen Verhältnis zur wirklichen Relevanz. Es gibt nach wie vor keine Belege für irgendeinen Markt (aber Indizien dagegen), deshalb will man sich jetzt gerne selber einen schaffen. Kinderpornographie ist ein emotionales Aufreger-Thema, eine Hexenjagd. Es dauert sicher nicht mehr lange, bis aus der Jagd auf Kinderporno-Produzenten  und -konsumenten eine auf Pädophile wird, so wie schon aus der Jagd auf Islamisten ein Generalangriff auf Muslime und den Islam geworden ist.
Einen Schritt dahin sind wir schon gegangen, als wir die sogenannte fiktive oder virtuelle Kinder- und Jugendpornographie (!) - also Cartoons, Computeranimationen & auf jung stilisierte Erwachsene - demjenigen Material gleichgestellt haben, das tatsächlich missbrauchte Kinder zeigt.

Aber kein Ding: Menschen für Gedanken und Phantasien zu verfolgen, scheint wieder hip und politisch opportun zu sein. Gerade weil wir eigentlich viel größere und drängendere Probleme haben.

Update: Auch netzpolitik.org hat Herrn Ziercke mal sachlich zerpflückt.

Samstag, 4. September 2010

copying is not theft

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Mittwoch, 1. September 2010

Jörg Ziercke - Der große Desinformator


Nicht nur Frau Leyens politische Arbeit basiert auf Desinformation - auch Jörg Ziercke, Präsident des BKA, ist nicht an einer sachlichen Debatte, sondern der Durchsetzung eigener politischer Ziele gelegen.

So sagt er in einem Interview mit Der Welt:
Etwas vom Gesetzgeber Verbotenes dem öffentlichen Zugriff zu entziehen, kann keine Zensur sein.
Fragt sich nur: Wie kann dann das Zensurverbot des Grundgesetzes irgendeine Relevanz erlangen?

Wenn die Zensur von allem, was der Staat verbietet, keine Zensur ist, dann gibt es keine Zensur, weil der Staat bestimmt, was Zensur ist. Auch China zensierte nicht, genausowenig wie Nordkorea, denn sicherlich ist auch dort alles Zensierte verboten.

Es ist schon etwas her, da hat das Bundesverfassungsgericht im Fall der Leipziger Volkszeitung genau das erkannt und herausgestellt. Die Konstellation war diese:
Der Beschwerdeführer ließ sich von einem Bekannten Tageszeitungen aus der DDR schicken. Die Zollbehörden behielten ein Exemplar der Leipziger Volkszeitung vom 8. Mai 1964 ein, weil das Landgericht Lüneburg diese Ausgabe wegen Staatsschutzdelikten eingezogen hatte. Das Landgericht begründete seine Entscheidung damit, dass mit dieser Ausgabe die SED die verbotene KPD fördern wollte, um in der Bundesrepublik schließlich eine Gewalt- und Willkürherrschaft wie in der DDR einzurichten. (Quelle: Wikipedia
Die Parallelen zur Sperrdiskussion im Internet liegen auf der Hand. Das Internet trägt nach deutschem Recht verbotene Inhalte aus anderen Ländern, in denen kein entsprechendes Verbot existiert, zu uns. Mitnichten geht es hier um Kinderpornographie, die im WWW realistisch betrachtet ohnehin kaum zu finden ist, sondern um "normale" Pornographie die nicht unseren Jugendschutzvorstellungen genügt (youporn), um Glücksspiel, Gewaltdarstellungen, Urheberrecht, politisch unerwünschte Inhalte wie rechts- und linksextremes Gedankengut, usw. Um diese Inhalte soll das Internet "bereinigt" werden, ein "Deutschland-Netz" nach deutschen Regeln, denn am deutschen Wesen soll die Welt genesen.

Damals schrieb das Bundesverfassungsgericht der Politik ins Stammbuch:

Zeitungen und andere Massenkommunikationsmittel sind daher von Natur aus allgemein zugängliche Informationsquellen. Sie verlieren die Eigenschaft als allgemein zugängliche Quelle auch dann nicht, wenn durch staatliche Maßnahmen wie Einziehungen, Importverbote oder -beschränkungen die Möglichkeit des allgemeinen Zugangs beeinträchtigt wird. […]
Dem Einzelnen soll ermöglicht werden, sich seine Meinung auf Grund eines weitgestreuten Informationsmaterials zu bilden. Er soll bei der Auswahl des Materials keiner Beeinflussung durch den Staat unterliegen. Da die Informationsfreiheit infolge ihrer Verbindung mit dem demokratischen Prinzip gerade auch dazu bestimmt ist, ein Urteil über die Politik der eigenen Staatsorgane vorzubereiten, muss das Grundrecht vor Einschränkungen durch diese Staatsorgane weitgehend bewahrt werden. […]
Die Informationsfreiheit wurde gerade als Reaktion auf die nationalsozialistischen Informationsverbote und -beschränkungen verfassungsrechtlich garantiert, um die ungehinderte Unterrichtung auch aus Quellen, die außerhalb des Herrschaftsbereiches der Staatsgewalt der Bundesrepublik bestehen, zu gewährleisten. Wenn die Informationsquelle an irgendeinem Ort allgemein zugänglich ist, mag dieser auch außerhalb der Bundesrepublik liegen, dann kann auch ein rechtskräftiger Einziehungsbeschluß nicht dazu führen, dieser Informationsquelle die Eigenschaft der allgemeinen Zugänglichkeit zu nehmen.
Natürlich weiß Herr Ziercke, wie lächerlich absurd seine "Argumentation" ist. Es geht hier wie öfters bei Worten aus seinem Munde mitnichten um die Sache, denn auf sachlicher Ebene haben Ziercke, Leyen, Malström & Co. die Diskussion längst verloren - wenn sie sie überhaupt jemals dort geführt haben.

Nein, Desinformation als Mittel politischer Propaganda ist hier bezweckt. Bedauerlich aber leider typisch für die sich als "Qualitätsjournalismus" selbst beweihräuchernde Presselandschaft, dass Die Welt so etwas im Interview unkritisch als Schlusswort stehen lässt.

Außerdem - darauf sei bei dieser Gelegenheit noch am Rande hingewiesen - ist es sehr beunruhigend, dass das BKA als Teil der Exekutive inzwischen aktiv eigene politische Ziele verfolgt und entsprechend Information und Desinformation zielgerichtet in der Öffentlichkeit verbreitet. Worauf will das Parlament seine Entscheidungen stützen, wenn es den Informationen seiner eigenen Verwaltung nicht mehr vertrauen kann, weil  diese ihre Stellung im Staate politisch instrumentalisiert? Gerade deshalb ist es wünschenswert, den Fall Tauss noch vor dem Bundesverfassungsgericht zu verhandeln.

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Liebe Logitel GbR - meint ihr das Ernst?

Es beginnt damit, dass nach gut einem Monat beim bei euch gekaufte Nexus One die Kamera ausfällt. Ich schicke es ein mit der Bitte, mir ein neues Handy zuzuschicken und keine Reparatur durchzuführen. Das Recht steht mir zu, § 439 I BGB.

Reaktion? Eine Eingangsbestätigung - danach kommt nichts mehr. Schließlich frage ich nach, doch weiter keine Reaktion. Ich setze euch eine Frist zur Nacherfüllung - nach Ablauf derselben ist schon fast ein Monat vergangen, seitdem ich das Handy abgeschickt habe. Müßig zu erwähnen - keine Reaktion.

Nun dann - ich ersteigere mir ein Nexus One bei eBay, trete vom Kaufvertrag zurück und fordere den Kaufpreis inkl. der bei eBay angefallenen Mehrkosten erstattet. Endlich kommt eine Reaktion - eine kurze eMail, in der man meinem Deckungskauf widerspricht, weil man ja noch nicht zweimal nacherfüllt habe und das Tauschgerät Ende der Woche bei mir sei.

Als wäre das der einzige Grund, weshalb man vom Vertrag zurücktreten kann. Rechtschreibfehlerquote: fast 50 %. Achja: das Tauschgerät ist natürlich nicht Ende der Woche bei mir.

Mein Anwalt schreibt euch erneut und fordert unter Fristsetzung zur Zahlung auf. +90€ Anwaltskosten. Briefköpfe helfen ja häufig auf wundersame Weise. Doch diesmal passiert nichts - die gesetzte Frist läuft fruchtlos ab.

Dann bekomme ich plötzlich ein Paket von Logitel. Wohl das Handy das ich nicht mehr haben will. Spiele mit dem Gedanken, es vielleicht doch lieber zu verkaufen - würde nur geringen Verlust machen und weniger Ärger haben als mit einer Klage.

Frage mich, ob das Handy wegen der Lieferschwierigkeiten noch ein AMOLED-Display hat oder ein LCD (dann wäre es wohl schon gleich wieder mangelhaft...). Öffne das Paket und stelle als erstes ärgerlich fest: Mir wurde kein neues Handy geschickt, sondern mein altes kommt aus der Reparatur zurück.

Ich versuche es einzuschalten, aber es funktioniert nicht. Gar nicht. Auch nicht mit Strom und Akku. Tot. Kaputter als vor der Reparatur.

Krame weiter in der Kiste und finde zwei Zettel. Einen von Vodafone an Logitel GbR - offenkundig hat Logitel das Handy zu Vodafone weitergeschickt zur Reparatur. Die haben diese verweigert - Begründung: wirtschaftlicher Totalschaden.

Der zweite Zettel ist von Logitel. Er teilt mir mit, dass ich mein Handy zurückerhalte. Status: unrepariert. Das ist alles.

Gleich mal gegoogelt, ob die Logitel GbR insolvent ist. Konnte aber nichts finden. Heute ruft da mein Anwalt an.

Fazit: Never ever again Logitel!

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