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Die Kinderfresser-Bar

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Die Kinderfresser-Bar: Januar 2011

Mittwoch, 26. Januar 2011

Arbeit ist nicht erhaltenswert - oder: Grundzüge piratiger Wirtschaftspolitik

Die Wirtschaftspolitik, die ihren Fokus auf den Erhalt von Arbeitsplätzen legt, ist ein Irrweg. Arbeit ist kein Selbstzweck, sondern ein notwendiges Übel - sie zu überwinden muss ständiges Ziel gesellschaftlicher und politischer Bemühungen sein.

Wirtschafts- und Sozialpolitik wirken zusammen
Nachdem wir Piraten uns mutig in Richtung einer neuen und starke Sozialpolitik gewandt haben, indem wir das Recht auf sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe in unser Grundsatzprogramm aufgenommen haben, sind wir in Sachen Wirtschaftspolitik noch bei der Positionierung.

Wichtig ist, zu erkennen, dass Wirtschaftspolitik und Sozialpolitik eng zusammenhängen und sich gegenseitig beeinflussen. Hartz4 ist der Inbegriff eines schwachen Sozialsystems und des sozialen Abstiegs - entsprechend groß ist die Angst des Arbeitnehmers vor Verlust seines Arbeitsplatzes.

Ein starker Kündigungsschutz wurde installiert, um diese abzumildern - doch damit hat man zugleich die Wirtschaft in ihrer Flexibilität eingeschränkt, was zu den seltsamen Stilblüten wegen Bagatell-"Diebstählen" gefeuerter Arbeitnehmer führt (Pfandbon, Handy auf der Arbeit geladen, etwas aus dem Müll mitgenommen...)

Außerdem macht diese Angst den Erhalt von Arbeitsplätzen zu einem wichtigen Anliegen für die Politik - und es macht sie erpressbar. Wie oft hat der Staat Milliarden von Steuergeldern als Subventionen verteilt, nur damit irgendein Unternehmen seine Leute nicht feuert. Wie oft haben Gewerkschaften auf Lohn verzichtet um Arbeitsplätze zu erhalten? (Und wie oft wurden die Menschen in beiden Fällen kurze Zeit später doch gefeuert?)

Arbeit ist nicht erhaltenswert
Die Verknüpfung von Arbeit mit Lebensstandard bzw. Arbeitslosigkeit mit sozialem Absturz hat den Eindruck erweckt und verfestigt, Arbeit sei wichtig.

Doch Arbeit ist nicht im geringsten erhaltenswert - ganz im Gegenteil. Als Gesellschaft sind unsere zeitlichen Ressourcen begrenzt und wir müssen sie aufteilen. Wenn wir X-tausend Menschen in der staatlichen Verwaltung sitzen haben, damit sie Zahlen und Zettel sortieren, dann können sich diese Menschen nicht mit anderen Dingen beschäftigen, die Individuum und Gesellschaft weiter voranbringen, als es die Verwaltung unserer selbst tut.
Wenn wir also im Rahmen einer Verwaltungsreform große Teile der Beschäftigten durch IT ersetzten, könnten sie ihre Zeit an anderen Stellen sinnvoller einsetzen.

Die Überwindung von Arbeit ist insofern wünschenswert und muss sogar Ziel einer Gesellschaft sein:
Wenn in einem Haushalt eine Geschirrspülmaschine gekauft wird, beschwert sich auch niemand darüber, dass das Kind jetzt nicht mehr von Hand abwaschen muss und damit arbeitslos wird.

Doch in unserer Gesellschaft wird Arbeit zur Bedingung der Teilhabe an der gesellschaftlichen Wertschöpfung gemacht. Das mag zwar oberflächlich gerecht erscheinen (Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen) - es ist es aber nicht, weil durch die Überwindung von Arbeit die Wertschöpfung nicht vermindert wird. Ein kleines Beispiel mag das verdeutlichen:
In einem Dorf leben 100 Menschen; jeder bestellt ein Stück Land, welches seine Bedürfnisse deckt. Jetzt entwickeln ein paar Leute eine Maschine und damit können 10 Menschen genug Land bewirtschaften, um alle 100 Menschen zu versorgen. Während sich also am Ernte-Ertrag nichts ändert, verlieren plötzlich 90 Menschen ihren Anspruch auf einen Teil des Ernteertrages und müssen hungern oder sind auf mildtätige Gaben angewiesen. Sie arbeiten schließlich nicht mehr. Und sie werden die Maschine verfluchen, die ihren Platz einnahm - nicht, weil sie keine Arbeit, sondern weil sie keine Nahrung mehr haben.
Eine starke Sozialpolitik ermöglicht eine freie Wirtschaft
Das von den PIRATEN postulierte Recht auf sichere Existenz und gesellschaftliche Teilhabe bricht dieses falsche Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeit und Recht auf Teilhabe an der Wertschöpfung zumindest teilweise auf. Wir eröffnen damit zugleich den Weg für eine Befreiung der Wirtschaft von jenen Ketten, die ihr Zwecks Erhalt von Arbeitsplätzen angelegt wurden.

Und das ist nötig: Die bisherige Wirtschaftspolitik der Arbeitserhaltung und -schaffung durch staatliche Regelungen und Eingriffe, Subventionen und Konjunkturpakete führt zu starken Verzerrungen und behindert so die sinnvolle Verteilung knapper Ressourcen. Wenn ein Arbeitnehmer in einem Unternehmen nicht mehr benötigt wird, ist es nicht sinnvoll, ihn dort anzuketten; und wenn ein Unternehmen nicht mehr wettbewerbsfähig ist, weil andere es besser machen, macht es keinen Sinn, das Unternehmen künstlich am Leben zu erhalten. Außerdem öffnet die geradezu willkürliche Verteilung von Milliardenförderungen der Korruption und Verschwendung von Steuergeldern Tür und Tor.

Insofern kann ich mich der Logik wirtschaftsliberaler Gedanken nicht verschließen. Inkonsequenterweise sind allerdings viele "Liberale", die öffentlichkeitswirksam eine freiere Wirtschaft, weniger Kündigungsschutz u.ä. fordern, nicht bereit, im Gegenzug auf staatliche Bemutterung der Wirtschaft zu verzichten. Dort dient die liberale Oberfläche wohl nur der Kaschierung von Gier.

Was bedeutet freie Wirtschaft?
Die Freiheit von Wirtschaft wird noch viel zu stark auf große Unternehmen und die Differenzierung in Arbeiterschaft und Unternehmertum bezogen. Wir diskutieren dauernd über Mindestlohn, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Kündigungsschutz.

Ein weitaus wichtigerer Punkt wird dabei aber völlig vergessen: Die Einfachheit, an der freien Wirtschaft selbstständig teilzunehmen. Rechtliche Hürden und Risiken, undurchschaubare Bürokratien und Berge von Papier behindern, nerven und entmutigen jeden, der seine Fähigkeiten der Gesellschaft selbstständig zur Verfügung stellen will.

Dabei kann der Staat mit geringem finanziellem Aufwand viel tun. Er kann nicht nur überkommene rechtliche Regelungen für einzelne Berufe auf den Prüfstand stellen, sondern auch Informationen, Lehrprogramme und Software zur Verfügung stellen, Verwaltungsaufgaben automatisieren und beschleunigen und so Einstieg und Ausübung einer selbstständigen wirtschaftlichen Tätigkeit erheblich erleichtern. Ist es nicht wünschenswert, dass sich Menschen, deren Fähigkeiten auf dem Arbeitsmarkt nicht gefragt scheinen, selbstständig ausprobieren können? Was spricht beispielsweise dagegen, per Mausklick ein Gewerbe eröffnen zu können? Und ist es tatsächlich unvermeidbar, dass Selbstständige ihre Zeit häufiger auf Aufgaben der Verwaltung verschwenden als sie in den Dienst ihrer eigentlichen wirtschaftliche Tätigkeit und gesellschaftlichen Wertschöpfung  zu stellen?

Die vier Säulen piratiger Wirtschaftspolitik
Um das Gesagte prägnant zusammenzufassen und in die Diskussion zu entlassen, möchte ich vier Säulen definieren, auf denen piratige Wirtschaftspolitik ruhen sollte:

1. Eine starke Sozialpolitik, die Arbeit vom Recht der Teilhabe an der gesellschaftlichen Wertschöpfung zumindest teilweise entkoppelt
2. Eine fundamentale Vereinfachung der selbstständigen Teilhabe am Wirtschaftsprozess und eine freie Zuverfügungstellung von dazu notwendigem Wissen und den erforderlichen Werkzeugen
3. Ein größtmöglicher Verzicht auf staatliche Eingriffe in die Anpassungsprozesse der Wirtschaft, auch auf dem Gebiet der abhängigen Beschäftigung
4. Eine größtmögliche Automatisierung von Verwaltungsprozessen in Staat und Wirtschaft durch weniger komplexe Regelungen und den intelligenten Einsatz von IT

Was sagt ihr dazu?

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Dienstag, 25. Januar 2011

Rap News 6

Donnerstag, 13. Januar 2011

Die Fehler im System der Demokratie

Demokratie als System
Als Nerd oder als jemand, der sich viel mit Computersystemen beschäftigt, hat man ein recht feines Gespür und Verständnis für die Funktion, Dynamiken und Fehler von Systemen an sich. Auch Demokratie lässt sich  als System verstehen, nämlich einem, dass der Entscheidungsfindung in einer Gesellschaft dienen soll und zwar in dem Sinne, dass sie den Willen der Mehrhheit möglichst gut abbildet und durchsetzt.

So zumindest ist das hehre Ideal der Idee Demokratie. Wir versuchen also ein System zu schaffen, dass diese Idee möglichst gut verwirklicht und dem Ideal möglichst nahekommt. Insofern ist es erhellend zu analysieren, ob das in Deutschland bestehende demokratische System, ein System von Parteien und Kandidaten, die Interessen der Gesellschaft zu Ideen kanalisieren kann, die dem demokratischen Willen der Bürger entsprechen.
Demokratie, wie wir sie überwiegend kennen, basiert auf dem Prinzip der Delegation. Viele Menschen geben ihre Macht in Wahlen an Wenige ab in dem Vertrauen, der Delegationsempfänger werde die in ihm kumulierte Macht im Interesse der Vielen einsetzen.

Die Fehler im System
Dies ist aus drei Gründen problematisch.
  • Der erste Grund liegt auf der Hand: Derjenige, der den Kampf um die meisten Wählerstimmen gewinnt und in dem sich die Macht der Wähler entsprechend kumuliert, in keinster Weise daran gebunden ist, die Ideen, mit denen er in die Öffentlichkeit getreten ist und Stimmen gewonnen hat, tatsächlich umzusetzen. Außerdem gibt es für den Wähler, der seine Macht delegiert hat, keine Möglichkeit, vor Ablauf der Wahlperdiode signifikant Einfluss auf das Handeln des Delegationsempfängers nehmen. Insofern lädt das System geradezu dazu ein, dem Wähler Märchen zu erzählen und Sand in die Augen zu streuen, um seine Stimme zu erhalten, denn es ist der Weg zu Erfolg und Macht.
    Dieser Weg zur Macht ist lang und niemand der politische Inhalte diskutieren und durchsetzen möchte, kommt um ihn herum. Ein guter Grund sich genau anzuschauen, wie dieser Weg beschaffen ist und was für Personen in der Lage sind, ihn erfolgreich zu durchlaufen.
  • Der Selektionsmechanismus ist der jeder Hierachie. Je weiter eine Person in der Hierachie nach oben kommt, desto mehr Macht kumuliert sich in ihr. Allerdings verjüngt sich die Hierachie stets, je weiter nach oben man kommt. Daher ist es absehbar, dass eine Person nur dann weiter nach oben kommt, wenn sie auf dem Weg vom Bürger zum Spitzenpolitiker inner- und außerparteiliche Konkurrenten eliminiert. 
    Das bedeutet, dass Personen, die dieses System erfolgreich durchlaufen, einen Charakter aufweisen, der Machtbesitz und Machterhalt über das Wohl anderer stellt - und häufig auch über die Inhalte, mit denen sie einst angetreten ist.
  • Eine solche Person erreicht nun eine Position, von der aus sie Macht ausüben kann, womit wir zum Dritten Problem im System der starren Machtdelegation kommen: Wann immer eine Person Macht über viele ausübt, wird sie zu einem Nährboden für Korruption, denn die Kontrolle über diese eine Person bedeutet die Kontrolle über alle, die ihre Macht an sie delegiert haben. 
    Dabei ist Korruption auch profitabel - für beide Seiten. Politische Entscheidungen, die einzelne Personen oder Personengruppen finanziell bevorzugen, Kriege, die den Weg bereiten für wirtschaftliche Interessen und freie Handelswege, diese Dinge werden eingetauscht gegen Geld und Unterstützung beim eigenen Machterhalt. Verlierer ist die demokratische Gesellschaft, deren Interessen auf der Strecke bleiben und deren Blut vergossen wird.Diese für Korruption höchst anfällige Positionen besetzt das System also mit Personen, deren zentrale Interessen Machtbesitz und Machterhalt sind, denn sonst hätten sie den Selektionsprozess der politischen Konkurrenz kaum überstanden. Wievielen Menschen schuldet eine solche Person an diesem Punkt bereits einen Gefallen, den es zurückzuzahlen gilt? Von wievielen Menschen ist sie bereits erpressbar? Welchen Einfluss auf die politischen Handlungen entfaltet die ständige Angst über den möglichen Machtverlust?

Fassen wir zusammen
Wir haben ein System, dass durch seine Mechanismen Personen mit einer Persönlichkeitsstruktur auswählt, die auf Machterreichung und Machterhalt, auf die Ausschaltung von Gegnern und die damit notwendigen dunklen Abgründe gepolt sind und die, wenn sie an ihrem Ziel angelangen, bereits einer Menge Menschen Gefallen schulden, in ihrer Machtausübung also nicht mehr frei sind.

Diese selten ehrbaren und integren Persönlichkeiten werden auf Posten gehoben, die auf Grund der Natur von starren Machtdelegationen ein Nährboden für Korruption darstellen.

Zugleich koppelt sich diese delegierte Macht derart vom Bürger ab, dass dieser faktisch keinen Einfluss auf die Machtausübung hat - von der Auswahl zwischen wenigen Personen mit einer ähnlich machtzentrierten Persönlichkeit alle paar Jahre einmal abgesehen.

Die genannten Fehler im System sind nicht typisch deutsch - sie sind typisch für jedes System, das auf einer starren Delegation von Macht beruht, die nicht effektiv kontrolliert werden kann. Sie sind typisch für jedes System, das Personen das Machtmonopol des Staates anvertraut, die durch aggressive und machtzentrierte Charakterzüge geprägt sind. 
Die demokratische Idee fristet in einem solchen System lediglich ein formales Dasein - als Garant der Beständigkeit des Systems vermittelt sie alle Jahre wieder die trügerische Hoffnung, der Kandidat der Wahl werde nun alles besser machen - oder weniger schlimm.

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