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Die Kinderfresser-Bar

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Die Kinderfresser-Bar: November 2010

Sonntag, 28. November 2010

Nach dem Parteitag ist vor dem Parteitag

Ich habe die Erfahrungen aus Chemnitz nun einige Tage sacken lassen um uns mit etwas Distanz besser selbst beurteilen zu können.

Sicherlich gibt es Dinge zu kritisieren - innerhalb der Antragskommission haben wir uns auch schon an unsere eigene Nase gefasst, was beispielsweise die Antragseinreichung angeht, die schneller und transparenter hätte erfolgen müssen und ich hoffe inständig, dass bei der IT die nächtlichen Albträume von nicht funktionierenden Netzwerken langsam abklingen.

Nichtsdestotrotz gehe ich mit der überwiegenden Mehrheit der Piraten (deren Meinung ich die letzten Tage las) konform: Chemnitz war ein großer programmatischer Erfolg und für uns Piraten war die Hinwendung zu neuen Themenfeldern ein historischer Schritt, an den es anzuknüfen gilt. Ich sehe 3 Punkte auf unserer mittelfristigen Agenda, die wir unbedingt in Angriff nehmen müssen: Die innerparteiliche Organisation bedarf genau wie die Außenkommunikation der Verbesserung und - der schwierigste Punkt - wir müssen einen Schritt zurücktreten von unseren Einzelforderungen und die dahinterstehende politische Vision erkennen und formulieren.

Die Verbesserung der innerparteilichen Organisation
Innerparteilich wäre zum einen die Wahl eines neuen Bundesvorstandes, was angesichts des Arbeitsverhaltens des bisherigen Vorstandes dringend Not tut, aber auch der Neuentwurf unserer Satzung, denn in und um Chemnitz hat sich doch gezeigt, dass diese gewisse Lücken und Unklarheiten aufweist, die teilweise unsere Ressourcen in juristischen Streitigkeiten unnötig gebunden haben.

Eine Frage der innerparteilichen Organisation, die wir ausgiebig und ohne Zeitdruck diskutieren müssen, ist auch der Status von Liquid Democracy. Wie weit wollen und können wir in dieser Frage gehen, was ist zu verbessern und wie soll die Roadmap aussehen?

Professionalisierung der Außenkommunikation
Außerdem besteht die Notwendigkeit, unsere Außenkommunikation zu professionalisieren. Ein leerer Piratenstuhl in einer Talkshow ist genauso inakzeptabel wie ausbleibende Pressemitteilungen zu unseren politischen Themen.
Politik ist ein Kampf der Meinungen; und gerade weil manche/r Minister/in angesichts der Dauerkommunikation inhaltlichen Schwachfugs wegen Irrelevanz aus der öffentlichen Diskussion gelöscht gehört, dürfen wir nicht müde werden, unseren Argumente auch zum hundersten Mal zu Gehör zu bringen.

Dabei sind wir als Piraten - im Kontrast zu den Etablierten - wahre Meister im Umgang mit Informationstechnologien. In Fragen der Kommunikation untereinander, der raschen Vernetzung und dem pushen von Aktionen sind wir unschlagbar, wie sich bei Petitionen, Demonstrationen und Aktionen gezeigt hat.
Es ist unsere Stärke, dass eine Information schon hunderte Piraten erreicht und zum Handeln bewegt hat, wenn unsere Kollegen vom schwarzen Parteien-Block noch im Telefonbuch nach der Nummer des Parteigenossen blättern.

Was das System der traditionellen Medien angeht, die den öffentlichen Diskurs ganz entscheidend beeinflussen, besteht allerdings - trotz gewisser Erfolge - noch Nachholbedarf. Dabei können wir auch hier eine unserer typischen Stärken nutzen: 
Es ist eine gewisse Passion von Piraten, Systeme in ihrer Funktionsweise zu durchschauen und dann zu manipulieren. Wenn wir es schaffen, die Ausweissoftware für den neuen Personalausweis noch in der Nacht ihres Erscheinens zu analysieren und zu hacken, dann sollten wir auch in der Lage sein, die Funktionsprinzipien der traditionellen Medien zu verstehen und zu beeinflussen.
De Maziere hat insofern erstaunlichen Weitblick bewiesen, als er attestierte: Irgendwelche Hacker mögen immer irgendwas hacken können. Also schauen wir doch mal, was wir so alles hacken können.

a long road, getting from here to there
Wenn man von politischen Visionen spricht, klingt das ja immer etwas abgehoben und Jens Seipenbusch zitiert ja gerne Willy Brandt Helmut Schmidt (Danke @Schmidtlepp): Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen. Doch ohne Vorstellungen davon, wie etwas besser sein könnte, wird nie etwas besser werden. Zum Arzt sollte daher vielmehr gehen, wer keine Visionen hat; dieser stellt einem dann eine Überweisung zu den schrumpfenden Volksparteien aus.

Wir Piraten stehen für viele Dinge ein, ohne dass wir uns im Grundsatz darum groß streiten müssten. Ich nenne allein - mit dem Anspruch auf Unvollständigkeit - die Offenheit und Vielfalt von Informationen, Transparenz, umfassende Mitwirkungsmöglichkeiten am demokratischen Willensbildungsprozess, Rationalität als Basis für Lösungsfindung, Liberalität von Lebensentwürfen, Toleranz und die Möglichkeit der allgemeinen und ungehinderten Kommunikation der Menschen miteinander.

Die Frage aber, weshalb wir für diese Punkte einstehen, ist bisher nicht ausreichend beantwortet. Ihre Beantwortung fällt auch schwer, weil gerade die grundsätzlichen Dinge in uns schwierig zu erkennen und zu formulieren sind. (Der geneigte Leser möge sich an dieser Stelle einmal beispielhaft daran versuchen, eine befriedigende Erklärung für so etwas grundlegendes wie Zeit zu finden.)

Dennoch glaube ich, dass sich eine Beantwortung lohnt: Der politische Betrieb neigt dazu (und mein Eindruck ist, er neigt dazu stärker als er es früher tat), nicht mehr an einem Gesamtkonzept zu arbeiten, sondern von einer Einzelfrage zur nächsten zu taumeln, die dann anhand undurchsichtiger Kriterien irgendeiner (Schein)Lösung zugeführt wird. Argumente, sofern sie überhaupt noch verwendet werden, dienen nicht länger der Herleitung einer Lösung sondern werden wie es gerade passt, selektiv herausgegriffen und selektiv ignoriert.

Die etablierten Machtstrukturen haben massive Probleme mit dem Wegbrechen zentraler, Einheit stiftender Erzählungen: Von Religion und Kultur über die 20-Uhr-Tagesschau bis hin zum Glauben an die Stärke eines Wirtschafts- und Finanzsystem, das vor unseren Augen die Zukunft ganzer Nationen verwettet, ist nichts mehr in der Lage, uns als Gesellschaft zu einen.
In diesem Kontext ist es dann auch nicht überraschend, dass sich der Westen weltweit auf die primitivste aller Einheit stiftenden Erzählungen zurückgezogen hat: Krieg gegen einen (weitgehend imaginären) Feind. Wenn ich die politische Landschaft mit einem Wort beschreiben sollte, dann würde ich sie orientierungslos nennen.

Wir Piraten sind keine Verfechter von Ideen, die isoliert im Raume stehen. Wenn wir beispielsweise für Netzneutralität einstehen, dann weil sie wesentlich ist für den gleichen und ungehinderten Zugang zu Informationen. Und Informationen wiederum sind Voraussetzungen nicht nur für Transparenz, sondern auch für eine Zivilgesellschaft, die ihre demokratische Macht einfordert und verantwortungsvoll einsetzt.

Zugleich sind Informationen von großer wirtschaftlicher Bedeutung; ihre künstliche Beschränkung durch Konzepte wie geistigen Eigentums oder Geheimhaltung müssen begriffen werden als Instrumente zur Sicherung etablierter Machtstrukturen und zugleich als Stellschrauben für die Geschwindigkeit des gesellschaftlichen Fortschritts.
Eine Stellschraube die gegenwärtig wie folgt eingestellt ist: Wenn ich heute etwas erfinde und mit 75 Jahren sterbe, dann wird meine Erfindung erst im Jahre 2121 der Menschheit als Grundlage für eigene Erfindungen und Fortschritt frei zur Verfügung stehen. Erst unsere Enkelkinder können also - wenn sie selbst schon alt sind - von den Ideen ihrer Großeltern richtig profitieren. Hier wird massiv gesellschaftliches Entwicklungspotential ohne Not überzogenen, wirtschaftlichen Egoismen geopfert.

Aufgabe unserer politischen Vision ist es, diese Zusammenhänge zwischen unseren Positionen aufzuzeigen und zugleich zu skizzieren, an welchen Schrauben wir wie drehen müssen, um zu einem System zu kommen, in dem wir uns als Gesellschaft besser verwirklichen und entwickeln können als in den Überbleibseln dieses langsamen und intransparenten Systems, in welchem viele Menschen der Gnade und den Partikularinteressen Weniger unterworfen sind.

Wir müssen unsere Idee für ein System formulieren, das Orientierung vermittelt durch die Besinnung auf wenige, zentrale und konsensfähige Grundwerte, klare und effiziente demokratische Strukturen und der Freiheit des Einzelnen zur Vielfalt.

Und diese Idee müssen wir zu einer Erzählung machen, mit Worten und mit Taten.

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Freitag, 19. November 2010

Nachgedacht: Grundsätzliches zu ValiDOM, Laizismus und Naturrecht

Ich bin ja immer wieder überrascht, was für Positionen ValiDOM als Pirat so vertritt. So hat er mehrfach klargemacht, dass er sich gegen eine stärkere Trennung von Staat und Religion ausspricht, obwohl die Piraten nach Liquid Feedback diese relativ einmütig fordern.

Ich möchte mir hier einemal den neuesten Argumentationsversuch von ValiDOM herausgreifen und aufzeigen, wie fadenscheinig und inhaltlich fehlerhaft er ist.
Daran [am Erfolg der Anträge zum Laizismus, Anm. d. Verf.] wird sich ultimativ abzeichnen, wie wir staatliches Handeln legitimieren und wie weit wir gehen wollen und können. Ich sehe diese Entscheidung in den Anträgen zum Laizismus kommen, da diese Forderungen kein Recht mehr wollen, was über dem Staat steht.
[...] 
Jedwede Hinwendung zum positiven Recht wird unsere politische Ausrichtung hin zu irgendeinem *ismus führen. Durch die relativ lauten linken Strömungen bei den Piraten vermute ich, dass wir uns dann auf ein sozialistisches Programm zu bewegen werden.
Diese zwei Absätze enthalten eine Vielzahl fundamentaler Denkfehler, doch bevor ich diese aufzeige, muss ich kurz erläutern, wofür die Begriffe Naturrecht und Rechtspositivismus eigentlich stehen.

Die Idee des Naturrechts geht davon aus, dass Recht etwas ist, was dem Menschen vorausgeht und von ihm unabhängig ist. Die Idee der Menschenrechte ist exemplarisch naturrechtlich: Menschenrechte hat jeder, ganz egal wer er ist, wo er sich befindet und ob Staaten diese anerkennen oder nicht. Ich bin Inhaber der Menschenrechte allein deshalb, weil ich ein Mensch bin. Sie sind unveräußerlich und man kann sie mir nicht nehmen.

Der Rechtspositivismus geht dagegen davon aus, dass Recht etwas menschengeschaffenes ist. Recht existiert und gilt, weil es gesetzt wurde (Recht setzen ist juristisch für Rechtsnormen beschließen). Die Menschenrechte gelten daher nicht deshalb, weil wir Menschen diese Rechte von Natur aus haben, sondern weil wir uns darauf geeinigt haben, dass jeder Mensch diese Rechte hat.

Nach dieser kurzen Vorspiel zum fundamentalen, ersten Denkfehler, nämlich der Gleichsetzung von Religion und Naturrecht:
Ich sehe diese Entscheidung in den Anträgen zum Laizismus kommen, da diese Forderungen kein Recht mehr wollen, was über dem Staat steht.
Recht, was über dem Staat (oder genauer: über dem positiven Recht) steht, ist Naturrecht. Zwar ist Religion eine Quelle naturrechtlicher Argumentation, aber es ist nur eine Quelle. Daneben stehen beispielsweise als weitere Quellen von Naturrecht auch die Vernunft oder die Naturgesetze, also Quellen, die Leitlinien für Richtig und Falsch bieten, ohne auf ein menschengeschaffenes Recht zurückgreifen zu müssen.

Macht man sich das klar, wird man erkennen, dass Piraten durchaus eine starke naturrechtliche Verwurzelung haben, nämlich ihre häufig starke Verbindung zur Vernunft als Mittel zur Lösung von Problemen. Auch deshalb besteht hier keine Richtungsentscheidung zwischen Naturrecht und Rechtspositivismus.

Zweitens ist die Bundesrepublik - wenn man von wenigen Ausnahmen (Menschenwürde, Menschenrechte, Radbruchs'che Formel) - mal absieht, ohnehin ein rechtspositivistisches System, die Formulierung Hinwendung zum Rechtspositivismus täuscht eine naturrechtliche Orientierung vor, die nicht existiert.

Drittens unterscheiden sich Naturrecht und Rechtspositivismus lediglich in Herleitung und Begründung von Recht, was aber nicht notwendigerweise Auswirkungen auf den Inhalt von Recht hat. Die Menschenrechte, nur um sie noch einmal als Beispiel anzuführen, gelten auch in einem rechtspositivistischen System - lediglich die Frage, warum sie das tun, wird von den beiden Denksystemen unterschiedlich beantwortet.

Amüsantes Detail: Gerade der Sozialismus zu dem sich die Piraten nach ValiDOM bekennen werden, wenn sie Laizismus einfordern (ein Gedankensprung, der den Blendern der etablierten Machtstrukturen alle Ehre macht), ist eine zutiefst naturrechtliche Idee (Arbeiterklasse, klassenlose Gesellschaft) und wurde durchaus auch religiös gerechtfertigt (Wilhelm Weitling).

Nach dem Gesagten überlasse ich es dem Leser, die Fehlerhaftigkeit der Argumentation an diesem praktischen Beispiel ValiDOMs noch einmal für sich nachzuvollziehen:
Ein praktisches Beispiel wäre der sog. Whistleblowerschutz, der zum Großteil mit überstaatlichem Recht begründet wird. In einem laizistischem und damit rechtspositivitischem Staat wäre Whistleblowing nicht legitimierbar.
Des Pudels Kern aber ist dieser: ValiDOM schlägt sich nicht, wie er es vorgibt, auf die Seite des Naturrechts, sondern er vertritt eine christlich-religiös-naturrechtlichen Position, die da auf den Punkt gebracht lautet: Recht gilt, weil es $gottes Willen entspricht. 

Dies jedoch ist kein Fundament, auf dem sich eine moderne Zivil- und Wissensgesellschaft errichten lässt. Wir benötigen keinen Rückfall in religiöse Begründungsmuster, die zum einen unsere Welt immer weniger zu erklären im Stande sind  und gleichzeitig nicht die Unparteilichkeit bieten können die erforderlich ist, wenn Menschen unterschiedlicher Religionen und Kulturen eine Gesellschaft und einen Staat bilden.

Die Vernunft gebietet es, die religiöse und die staatliche Sphäre voneinander zu trennen und die Vernunft selbst zur Quelle und Begründung von Rechtssetzung zu erheben, soweit die zu regelnden Fragen der Vernunft zugänglich sind. Kombiniert mit den modernen demokratischen Systemen, wie sie die Piraten einfordern, muss gelten:
Recht gilt, weil es vom Bürger gesetzt wurde. Es wurde gesetzt, weil es vernünftig ist.

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Donnerstag, 18. November 2010

Lösungen die keine sind: Das Holzkind

Heute möchte ich nicht über den Unsinn von Websperren gegen Kinderpornographie schreiben; die Argumente dazu sind längst ausgetauscht, die "Lösung" als Farce entlarvt, die die Täter schützt und fördert, während als Kehrseite die Kinder leiden.

Vielmehr möchte ich mal ein Beispiel aus der Offline-Welt präsentieren, dass demselben Prinzip folgt: Tue etwas, was auf den ersten Blick gut aussieht, aber sich auf den zweiten Blick - genau wie Websperren - als schädlich herausstellt. (Den zweiten Blick pflegt man dann häufig unter Bemühung kognitiver Dissonanz anzupassen.)

Holzkind in Northen nähe Hannover

Was ihr hier seht, ist ein Holzkind, vielleicht 6-7 Jahre alt. In lebensnaher Größe, Form und Ausrichtung erweckt es den Eindruck, als betrete es gleich die Fahrbahn. Dieses Holzkind steht in Northen nähe Hannover, in den Dörfern der Umgebung gibt es aber ähnliche.

Ich kann mir den Gedanken, der hinter dieser Aktion steckt, gut vorstellen: Rufen wir den Autofahrern in den Ortsdurchfahrten in Erinnerung, dass hier Kinder sein könnten, damit sie entsprechend vorsichtig (und langsam) fahren.

Allerdings unterscheiden sich diese Holzkinder von jeder anderen Form von "Achtung-Kinder"-Hinweisschildern - auch jenen mit Kindesabbildungen - die ich bisher sah: Sie wirken nämlich nicht wie ein Schild, sondern wie ein echtes Kind, weil sich der Körper auf der richtigen Höhe befindet. Zusätzlich kann man zum Kind keinen Blickkontakt aufbauen, da es nur aus dem Profil zu sehen ist und als Krönung noch eine Kapuze trägt. Als Autofahrer muss ich annehmen, dass das Kind mich nicht gesehen hat. Folgerichtig erhöhte ich die ersten Male kurz meine Aufmerksamkeit und machte mich bremsbereit, bevor ich den Trug erkannte.

Super, könnte man annehmen, Ziel erreicht. Doch mitnichten.

Ich will mich gar nicht über die Verkehrsgefährdung aufregen, die entstehen kann, wenn mal jemand zum Schutz des "Kindes" im Reflex etwas dummes tut. Dafür braucht man nicht einmal einen besonders unbesonnenen Menschen; einen kurzen Moment die Aufmerksamkeit dem Radio oder dem quengelnden Kind auf dem Rücksitz zu widmen kann ausreichen, wenn danach keine Zeit mehr bleibt, den spontanen Eindruck eines Kindes auf möglichem Kollisionskurs zu überprüfen.

Ich will mich auch gar nicht fragen, wie die erwachsenen Urheber dieser Idee reagieren würden, wenn ihre Kinder "lass-uns-so-tun-als-ob-wir-gleich-auf-die-Straße-laufen" spielen, um herannahende Autofahrer zu erschrecken.

Viel interessanter und bedenkenswerter ist es, dass ich - nachdem ich die Strecke mit den Holzkindern heute das vierte Mal gefahren bin - mein Gehirn dazu übergegangen ist, sie auszublenden. Ich nehme diese "Kinder" nicht mehr bewusst wahr.

Liegt es da nicht nahe, dass ein echtes Kind von ähnlicher Größe, Alter und Orientierung von mir ebenfalls nicht mehr wahrgenommen werden wird? Ist nicht anzunehmen, dass eine Reaktion wenigstens verzögert erfolgen wird, weil ich mir die Zeit nehmen muss, den ersten Eindruck zu verifizieren? Dieser Sekundenbruchteil kann letztlich den Unterschied machen, zwischen bloßem Schreck und echtem Unfall, zwischen einem verletzten und einem toten Kind.

Das ist nichts grundsätzlich Neues; ich nenne es mal das Prinzip Feueralarm. Bevor man seinen Arsch rettet, fragt man sich erstmal, ob es nicht nur eine Übung ist; weshalb zumindest in amerikanischen Hollywoodstreifen die Durchsage kommt: "Dies ist keine Übung." (Ob man, um die Authenzität der Übung zu wahren, das auch bei einer Übung macht, würde ich gerne wissen...)

Der nächste logische Schritt jedenfalls ist es dann wohl, allen Kindern ein Schild um den Hals zu hängen mit der Aufschrift: "Ich bin echt." Oder, weil das Lesen natürlich zu lange dauert, schnallen wir den Kindern gleich ne rote Lampe auf den Kopf.

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