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Die Kinderfresser-Bar

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Die Kinderfresser-Bar: August 2010

Montag, 30. August 2010

Privatsphäre ist tot - Es lebe die Ethik

Das Konzept der Privatsphäre als Workaround für soziale Abarten unseres Wesens ist gescheitert. Ein Plädoyer für einen gesamtgesellschaftlichen Ethikdiskurs.

Die inhaltslose, desinformierende StreetView-"Debatte" ist ein Symbol für das Scheitern des Konzeptes Privatsphäre. Die Politik inszeniert eine Scheindebatte über ein Scheinproblem und führt diese einer Scheinlösung zu, die dem desinformierten Bundesbürger einen Schutz suggeriert, der heute schon mehr Löcher als Substanz hat und sich in naher Zukunft vollständig auflösen wird.

Nicht nur, weil viele die öffentliche Selbstdarstellung oder Bequemlichkeit der Privatsphäre vorziehen, innovative Dienste eine Datenbasis erfordern, Sicherheitslücken private Daten öffentlichen machen und der Staat schnüffelt und speichert.

Wir generieren zugleich eine kollektive Datenhalde, aus der sich mit intelligenten Algorithmen und Prozessorzeit vollautomatisiert neue Informationen und Daten extrapolieren lassen.

Das ist zunächst eine hervorragende Sache, denn je mehr Informationen wir einer Entscheidung zu Grunde liegen, umso treffsicherer wird das Ergebnis sein.

Beispiel: Ein Navigationssystem der klassischen Art navigiert uns mehr oder weniger zuverlässig durch das Land - zumindest, bis wir in einem Stau stehen. Stellen wir uns vor, wir seien Wesen von einem anderen Stern, die fasziniert das Verkehrssystem der Menschen betrachten.
Es passiert ein Unfall, die Autobahn ist nicht befahrbar. Die ersten Autos halten an, dann reihen sich weitere ein und wenn die Blechlawine kilometerlang wird, obwohl adäquate Umgehungsmöglichkeiten bestehen, wird den Beobachtern schnell klar: Unsere kollektive Intelligenz ist unterentwickelt.

Nutzt unser Navigationssystem unsere Daten aber nicht nur, um unseren Punkt auf der Welt zu bestimmen, sondern übermittelt es diese Informationen an Dritte, dann lässt sich damit eine effiziente Stauerkennung realisieren. Denn um einen Stau zu erkennen, muss ich keine Rücklichter sehen - viele Punkte, die sich auf einer Autobahn plötzlich nicht mehr bewegen, tragen diese Schlussfolgerung ebenfalls. Eine intelligente Navigation wird daher den Stau erkennen und anderen Fahrern mitteilen um ihn automatisch zu umfahren. Aus den Fehlern anderer lernen.

Mit dem Konzept der Privatsphäre erschweren wir derartige Möglichkeiten, unsere Welt ökologischer, ökonomischer, effizienter, bequemer und gerechter zu gestalten.

Das ist unnötig, da Privatsphäre am falschen Punkt ansetzt. Die Motivation, unsere private Sphäre aus der öffentlichen Betrachtung herauszuhalten, entspringt häufig nicht dem Wunsch nach Geheimhaltung, sondern der Befürchtung, die Öffentlichkeit werde ihre moralischen Reflexe an einem auslassen, verdammen, lästern uns nach ihr nachteilig beurteilen.

Diese Befürchtung ist völlig begründet - Boulevardzeitungen und auch seriöse Medien ergötzen sich am Privaten der Prominenz und zerreißen Menschen vor der hysterischen Masse in der Luft - durchaus gezielt angeheizt, um missliebige Standpunkte auf persönlicher Ebene öffentlich zu diskreditieren. Privatsphäre kaschiert damit ein soziales Problem, nämlich die mangelnde Differenzierung in unseren Köpfen der Menschen zwischen Dingen, zu denen unser Statement und eine Diskussion gefragt sind und solchen, bei denen wir uns einer Stellungnahme und Diskussion enthalten sollten, weil sie anmaßend ist und keine Rechtfertigung zur Einmischung existiert.

Datenschutz ist nicht gleich dem Kampf um digitale Freiheitsrechte. Er dient bestimmten Vorstellungen von Staatsrecht, “geistigem Eigentum”, Menschenbild und Status Quo. Ihm entgegen lassen sich Daten-Explosion und Erosion des Privaten nicht nur als Gefahr, sondern auch als emanzipative Chance begreifen.
Verstehen wir Privatsphäre weiterhin als die Aufrechterhaltung eines Informationsgefälles zwischen uns und den anderen, dann lassen wir zu, dass soziale Abarten im Umgang miteinander die Entwicklung der Menschheit blockieren. Das haben wir bisher getan und würden wohl entsprechend fortfahren, wenn sich nicht im Internet-Zeitalter die Kontrolle des Informationsflusses als aussichtslos erweisen würde. Jedes Informationsgefälle ebnet sich ein, sogar Geheimdienste verlieren die Kontrolle, wie Wikileaks eindrucksvoll zeigt.

Angezeigt ist daher eine gesamt-gesellschaftliche Debatte über Daten- und Informationsethik - was opportun ist und was der Missbilligung bedarf; Beispielsweise, Menschen für Dinge, die sie privat tun, an den medialen Pranger zu stellen und damit einen permanten Rechtfertigungs- und Konformitätsdruck aufzubauen.
Dazu ist es dringend erforderlich, unsere eigenen Werte-Vorstellungen auf die Bereiche zurückzunehmen, die uns etwas angehen und die Relativität des eigenen Standpunktes zu erkennen, zu akzeptieren und auszuhalten.

Dieses ethische Verständnis muss sich durchsetzen, weil die erodierende Privatsphäre das soziale Problem nicht mehr kaschieren kann und das System der öffentlichen Meinung so zu einem unkontrollierbaren Risiko wird, das sich jederzeit vernichtend gegen jeden richten kann. Es wird sich durchsetzen, weil sich Menschen immer anpassen - so oder so.

Allerdings werden wir uns einst von unseren Kindern daran messen lassen müssen, wieviele Menschen wir bis zum Umdenken noch zur Stimulation unserer sozialer Abarten auf die medialen Schlachtbank gezerrt haben.

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Donnerstag, 26. August 2010

Eine Alternative zum Google-Reader

Mir war nie ganz wohl bei der Benutzung des Google-Feed-Readers. Technisch ist er zwar super, schnell, übersichtlich, intuitiv zu bedienen - kurzum einfach Google.

Aber die Schattenseiten waren tiefdunkel:
  • Datenschutztechnisch missfällt es mir dann doch, einer Firma die Informationen darüber zu geben, welche Blogs & Webseiten ich täglich lese und deshalb abonniert habe
  • Man kann lediglich die abbonierten Feeds - nicht aber deren Inhalte - exportieren. Da für mich mein Feedreader ein Wissensspeicher ist, in dem ich recherchiere, wenn ich einen guten Artikel suche, an dessen Lektüre ich mich erinnere, muss ich diese Daten haben.
Eine Alternative war ausgemacht - TinyTiny-RSS. Ebenfalls Web-basiert war es schnell installiert, ist dem Google-Reader sehr ähnlich und funktioniert ziemlich gut. Zwei Funktionen, die ich am Google-Reader so gemocht habe, fehlen leider:
  • Die automatische Übersetzung von fremdsprachigen Feeds
  • Die Funktion Kommentar im Reader - ein kleines JavaScript-Snippet, mit dem man auf jeder Webseite ein markierter Text wie ein Artikel aus einem Feed mit Tags & Co in den Reader schieben kann
Zumindest für letzteres - für mich ein Must-Have-Feature - habe ich eine Lösung:

Den Google-Feed-Reader. Gibt man dort Artikel für andere frei - nämlich alle, die man mittels des Snippets in den Reader geschoben hat - kann man für diese Artikel einen eigenen Feed abrufen. Und den wiederum in TinyTiny-RSS abbonieren.

EDIT 1:
Und fürs Smartphone (Android) gibts den ttrss-reader - OpenSource & werbefrei.

EDIT 2:
Noch besser für Android ist der ttrss-reader-fork, der eine Menge nützliche zusätzliche Funktionen mitbringt und offenkundig enthusiastischer weiterentwickelt wird...

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Freitag, 20. August 2010

gerettet!

denn weiß ist am zug...
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Montag, 16. August 2010

Warum Priorisierung statt Netzneutralität eine schlechte Idee ist

In der Debatte um Netzneutralität schalten sich zunehmend differenzierte Stimmen ein, die keine strikte Netzneutralität fordern, sondern auch Raum für Priorisierung lassen wollen. Ein dummes Netz, so die Message, sei ineffizient, wenn es Datenpakete, die zeitkritisch sind, nicht solchen vorzieht, die es sind.

Ein Telefonat, so das übliche Beispiel, müsse bevorzugt werden vor dem Download einer Datei - bei dieser machen ein paar Sekunden Verzögerung nichts aus, beim Telefonat wird jede Latenz jenseits von 100 - 150 ms als störend empfunden.

In der Theorie ist Priorisierung eine tolle Sache - ich betreibe sie selber intensiv an meinem Heimat-DSL-Anschluss. Praktisch aber fürchte ich aus vier Gründen, dass das Internet schlechter und nicht besser durch Priorisierung wird.


1. Die technische Qualität des Internets wird sinken
Jeder wirtschaftlich denkende Netzbetreiber (also jeder) hat ein Interesse daran, Investitionskosten in sein Netz gering zu halten, möchte aber trotzdem seinen Kunden eine hohe Bandbreite - zumindest auf dem Papier - verkaufen können.

Bisher zwang das Prinzip der Netzneutralität die Netzbetreiber zum kontinuierlichen Ausbau ihrer Infrastruktur. Wenn Kunde A nicht mehr ohne dauerndes warten im Internet surfen kann, weil Kunde B und C nebenan exzessiv Filesharing an ihrem Breitbandanschluss betreibt und damit den Backbone auslastet, an dem A, B und C gemeinsam hängen, dann hat der Netzbetreiber ein Problem, die Qualität seines Angebotes sicherzustellen.

Also muss er entweder die Bandbreite der Nutzer reduzieren - also bspw. keinen 100Mbit-Zugang anbieten, sondern nur 20Mbit - oder den Backbone entsprechend ausbauen, dass möglichst kein Stau entsteht. Resultat ist ein kontinuierlicher Ausbau des Netzes, weil Nutzer lieber das SuperSize-Menü als das Spar-Menü bestellen, auch wenn sie beides satt machen würde.

Besteht aber die Möglichkeit der Priorisierung, werden die Daten priorisiert werden, die zwar viele Menschen nutzen, die aber wenig Transfervolumen erzeugen. Wer einmal Kunde bei KabelDeutschland in einem schlecht ausgebauten Gebiet war, weiß wie sich das anfühlt.

Zu Spitzenzeiten kann man zwar noch wunderbar im Netz surfen - Verbindungen zu Nicht-Standard-Ports (bspw. für SFTP, VPN, P2P) sind aber derart langsam, dass sie sogar häufig mit einem Timeout abbrechen.

Um bei obigen Beispiel zu bleiben, besteht auch jetzt noch der Stau am Backbone. Nur wird dieser kaschiert - Kunden bekommen davon nur noch etwas mit, wenn sie die Standard-Kommunikationswege verlassen. Damit fällt ein großer Teil der Nutzer - also diejenigen die denken, das Internet sei dieser Kram im Browser - schonmal als Betroffene weg.

Daher können die Netzbetreiber nun weiter ihre Breitbandangebote vermarkten, ohne für diese tatsächlich ein entsprechend ausgebautes Backbone bereitstellen zu müssen. Das Produkt ist zwar nach wie vor technisch mangelhaft - aber den meisten fällt es nicht mehr auf.

Daher kann man nun die Investitionskosten in die Netzinfrastruktur zurückfahren. Das Netz wird technisch schlechter.


2. Eine Priorisierung nach Inhaltstypen kann nicht funktionieren
Priorisierung soll aber auch nach Befürwortern derselben nur abhängig von Inhaltstypen erfolgen. So soll nicht beispielsweise VoIP von Anbieter X oder SIP als Quasi-Standard für Telefonie priorisiert werden, sondern VoIP im Allgemeinen.

So sollen Wettbewerbsverzerrungen verhindert werden. Was gut klingt ist technisch aber überhaupt nicht machbar. Denn VoIP - also Sprackkommunikation über das Internet - lässt sich auf vielen Wegen betreiben. SIP, Skype und Teamspeak sind drei große Bereiche. Aber es ist realistisch nicht möglich, wirklich jeden Dienst zu berücksichtigen.

Wenn ich eine kleine Software schreibe, die Ende-zu-Ende-verschlüsselte Sprach-Kommunikation per Smartphones erlaubt - wird diese dann auch priorisiert werden können? Wohl kaum - standardmäßig landen sie dann in der "Müllklasse" - also in dem Pool, der nicht explizit als wichtig markiert ist. Zumindest, solange ich nicht entsprechend alle Netzbetreiber davon überzeugt habe, dass auch diese Datenpakete wertvoll sind.

Resultat ist die Bevorzugung etablierter und die Hemmung der Einführung neuer Techniken.

3. Eine nutzerautonome Priorisierung ist nicht realisierbar
Als Kompromissvorschlag wird auch vorgebracht (beispielsweise von Kristian Köhntopp), die Kontrolle über die Priorisierung müsse beim Endkunden liegen. Dies allerdings ist kaum möglich.

Denn findet die Priorisierung nur auf dem Stück Leitung zwischen Endkunde und Backbone statt - quasi auf der letzten Meile - dann  besteht kaum ein technischer Fortschritt zu der bereits heute in vielen SOHO-Routern verfügbaren Priorisierungsmöglickeiten

Wird die Priorisierung aber auch im Backbone der Provider berücksichtigt, werden automatisch die Nutzer benachteiligt, die keine Priorisierung wünschen, sich aber auch durch dieses Backbone quetschen müssen.

4. Jede Priorisierung wird umgangen werden
 Weil das niemand hinnehmen wollen wird, werden die Techniken so angepasst werden, dass sie die Priorisierungstechniken der Diensteanbieter unterlaufen. Woher will der Netzbetreiber wissen, ob ein Datenpaket von Port 443 eine SSL-verschlüsselte Webseite ist - oder irgendeine andere SSL-verschlüsselte Verbindung? Datenstrom ist Datenstrom.

Resultat ist das zuznehmende Umgehen der Priorisierung - also eine Rückkehr zum status quo - bloß, dass dies nun in einem nur noch mangelhaft ausgebauten Netz passiert. Der Versuch der Netzbetreiber, alles zu unternehmen, um die "Trickser" auszusperren, wäre ein Kampf gegen Windmühlen.

Selbst bei einer intensiven Analyse aller Pakete - die sowohl technisch sehr anspruchsvoll als auch höchst bedenklich im Hinblick auf die Privatheit der Kommunikation ist - stünde man bei verschlüsselten Datenpaketen vor einem Problem.

Fazit
Priorisierung ist auch aus Anwendersicht technisch wünschenswert, wenn es darum geht, das Internet-Erlebnis verzögerungsfrei zu gestalten. Dies ist zwar nicht die eigentliche Absicht der Netzbetreiber - die wollen den "Big Players" wie Google & Co ans Portemonaie - aber durchaus zu berücksichten, wenn man - wie beispielsweise gerade die PIRATEN - um eine gemeinsame Position zur Netzneutralität ringt.

In der Realität aber wird Priorisierung als "nice-to-have-Feature" sehr unerwünschten Entwicklungen den Weg bereiten. Deshalb ist an einer strikten Netzneutralität festzuhalten. Lediglich an Punkten, an denen ein Engpass nicht durch Ausbau der Infrastruktur kompensiert werden kann oder dieser unzumutbar ist, kann darüber im Einzelfall nachgedacht werden.

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Sonntag, 8. August 2010

Wahrscheinlich gelogen

Mancher erinnert sich bestimmt noch an die Diskussionen zum Zensurgesetz in Deutschland, mit dem sich die ehemalige Familienministerin Leyen ziemlich in die Nesseln setzte, weil sie es mit der Wahrheit nicht genau nahm und stattdessen auf primitivster Ebene als große Manipulatorin der Nation auftrat. Ganz nach dem Pippi-Lotta-Prinzip "Ich mach mir die Welt, wiedewiedewi sie mir gefällt", wurde fleißig die Realität den politischen Zielen angepasst. Die Mär von Milliardenumsätzen und Kinderpornoindustrie und Indien als Kinderpornounterstützer sind nur die populärsten Beispiele gezielter Desinformation.

Wer nun gutmütig dachte - okay, die Frau hatte keine Ahnung wovon sie redet und außerdem war Wahlkampf und da nimmt man es mit der Wahrheit in guter Staatstradition bekannterweise ohnehin nicht so genau - der wird erneut eines besseren belehrt.

Intensiv fordert Frau Leyen eine Chipkarte für Kinder von HartzIV-Empfängern, mit denen diese extra Bildungsleistungen abrufen können sollen, ohne dass man Geld auszahlt. In Schweden angeblich seit einem Jahrzehnt ein Erfolgsmodell.

Nun hat die Frankfurter Rundschau mal in diesem Schweden nachgefragt. Fazit:
Das von der Arbeitsministerin gepriesene Gutschein-Modell für arme Kinder kennt in Schweden gar niemand - nicht mal die zuständigen Behörden. Dabei soll es das Modell schon seit zehn Jahren geben. 
Doch schließlich findet man noch jemanden, der davon gehört hat:
Doch, es gibt Kommunen, die ein solches Modell eingeführt haben, „ganz marginal“ allerdings. Nicht generell für sozial schwache Familien, wie die CDU behauptet, sondern für Sonderfälle, „die mit dem Geld nicht umgehen können.“ 
Damit stehen Behauptungen von Frau Leyen auf einer Stufe mit BILD: Wahrscheinlich gelogen. 

Oder wie es Holger Köpke treffend formuliert: Ein Garant für Lügen und Betrügen.

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