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Vom Feminismus zum Piratenfeminismus

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Die Kinderfresser-Bar: Vom Feminismus zum Piratenfeminismus

Sonntag, 17. Juli 2011

Vom Feminismus zum Piratenfeminismus

Im Podcast haben @laprintemps, @mueslikind und @fasel die Frage aufgeworfen, warum Piraten keine Lust haben, über Feminismus zu diskutieren. Ich dachte, ich versuche mich mal an einer Antwort, die  - zumindest subjektiv - wahr ist. Dies ist damit ein Blogeintrag über meine Vorurteile.

Feminismus ist schlichtweg ein rotes Tuch - ein ziemlich rotes. Das Vorurteil - zumindest meines - ist, dass Feminismus ein Thema ist, dass mit Rationalität nicht zu fassen, sondern extrem ideologiegetränkt ist, über das man so wenig Witze machen darf wie über den Holocaust (zumindest ist es ähnlich gefährlich) und bei dem Mann ohnehin immer der Schuldige ist.

Die Sprache
Die These, die deutsche Sprache diskriminiere Frauen durch das generische Maskulinum - ob nun zutreffend oder nicht - hat zu solchen Absurditäten wie dem sozialen Zwang zu gender-korrekten Formulierungen geführt, die sprachästhetisch schlichtweg ein Albtraum sind. (Ich habe Gesetzestexte, da habe ich erstmal mit dem Edding den ganzen Gender-Foo rausgestrichen, um den Text dahinter verstehen zu können.) 

Auch der Versuch, formal geschlechtslose Begriffe zu finden, hat den Haken, dass die Bedeutung häufig nicht dieselbe ist; am Beispiel "Teilnehmende" statt "Teilnehmer": Teilnehmende beinhaltet für mein Sprachgefühl - anders als Teilnehmer - immer auch die Nicht-Teilnehmenden, mit anderen Worten: Wenn mir jemand sagt, die Teilnehmenden hätten X und Y gemacht, dann frage ich mich spontan - ja und, was haben die Nicht-Teilnehmenden gemacht? Teilnehmer definiert eine Gruppe anhand einer gemeinsamen Eigenschaft (an etwas teilzunehmen), während Teilnehmende einen Teil einer Gruppe beschreibt, die danach geteilt ist, ob teilgenommen wird oder nicht.

Das mag man jetzt für Millimeterfickerei halten, aber bei solchen Versuchen schlägt immer mein Sprachmanipulationsdetektor aus. Gender-korrektes Formulieren hat eine starke Nähe zu political correctness, Euphemismus-Tretmühlen und Neusprech, also dem Glauben, einen sozial erwünschten Zustand oder ein Denken dadurch herstellen zu können, dass man die Sprache ändert, in der man darüber spricht. Solche Versuche fallen bei mir auf richtig giftigen Boden und logischerweise kriegt der Feminismus von dieser Abneigung seinen Teil ab.

Die Schuld-Suggestion
Feministische Debatten leiden häufig darunter, dass einem als Mann suggeriert wird, man sei daran Schuld. Beispielsweise, wenn Frau sich irgendwie unwohl fühlt. Ich nehme mal beispielhaft den Fall einer Frau, die ich nachts im Fahrstuhl auf einen Kaffee einlade und die sich dann ob der Situation (nachts, Fahrstuhl, 2m-großer Typ) unwohl fühlt.
Bin ich als Mann daran jetzt schuld? Nun, ich bin sicherlich ein kausaler Faktor, denn hätte ich sie nicht angesprochen, oder wäre ich gar nicht zu ihr in den Fahrstuhl gestiegen, dann hätte sie sich nicht unwohl gefühlt. Aber ganz ehrlich, ich fühle mich deswegen nicht schuldig und ich habe keine Lust, mir suggerieren zu lassen, ich müsste mich deswegen schuldig fühlen, denn ich habe mich innerhalb der Grenzen sozial angemessenen Verhaltens bewegt. Wenn sich Frau dabei unwohl fühlt (weil sie mir unterstellt, ich würde im nächsten Moment gewaltsam über sie herfallen), dann ist das - um es ganz deutlich zu sagen - das Problem anderer Leute.

(Wenn ich das vorher weiß und einen guten Tag habe, nehme ich auch auf solche individuellen Irrationalitäten, die wir alle haben, Rücksicht, aber nicht aus einer Verpflichtung heraus, sondern bloß aus Nettigkeit.)

Eine andere Facette, die glücklicherweise seltener anklingt, ist das generationenübergreifende Verantwortungsdenken. Genausowenig, wie ich (Schöpfungsjahr 1986) dafür verantwortlich oder schuldig bin, dass Nazideutschland Millionen Menschen umgebracht hat, bin ich dafür verantwortlich, dass Generationen vor mir Frauen diskriminiert haben. Die Kriege meiner Eltern sind nicht die meinen und ich bin nicht für sie verantwortlich, sondern bloß dafür, aus ihnen für mein eigenes Tun zu lernen.
Deshalb kann ich es gar nicht leiden, wenn mir gesagt wird, es sei nur fair, wenn ich als Mann gegenüber Frauen benachteiligt werde, immerhin sei Frau über Generationen von Männern benachteiligt worden. Ich wehre mich gegen eine Weltsicht, in der das eine mit dem anderen zu tun hat in der das eine als Rechtfertigung für das andere akzeptiert wird.

Die Aggressivität, die Abwertung von Männern und der absolute Wahrheitsanspruch
Der feministische Diskurs wird häufig mit einer verbissenen Aggressivität geführt, der keine alternativen Standpunkte duldet und im Manne einen generellen Feind sieht, der überall gegenwärtig ist, sogar in der rechtsstaatlichen Unschuldsvermutung. Die Wortschöpfung rape culture ist dafür ein gutes Beispiel.

Wer dagegen argumentiert, wird mit einer Aggressivität angegangen, die nicht auf den argumentativen Diskurs sondern die Diskreditierung des Gegenübers abzielt - als Frauenfeind, Maskulist, Biologist und andere -ismen. Frauen, die den entsprechenden feministischen Denk- und Handlungsstrukturen nicht folgen wollen (bspw. sich für die Rolle der Hausfrau entscheiden) sind schlichtweg von den Männern so indoktriniert, dass sie sich nicht frei für den "richtigen Weg" entscheiden können. Das ist ein typisches Argumentationselement, um seine Position jeder Überprüfung zu entziehen und unangreifbar zu machen. Und sowas kann ich einfach nicht leiden. Wer so argumentiert, kann alleine spielen.

Ausblick
Ich könnte das noch ein wenig fortführen, Stichworte Gleichberechtigung/Gleichstellung/Freiheit und Sex/Macht. Aber dazu fehlt mir gerade die Motivation, später vielleicht mal.

Wichtiger ist mir nämlich, eines festzuhalten: Das, was gegenwärtig unter dem Schlagwort Piratenfeminismus diskutiert wird, entspricht - zu meiner Überraschung - diesen Vorurteilen nicht. Vielmehr empfinde ich den Podcast als einen Einstieg in einen rationalen, unverkrampften und offenen Diskurs, in dem vielleicht auch wir Piraten neue Wege anbieten können. Ich bin gespannt.

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4 Kommentare:

Am/um 30. Juli 2011 um 07:28 , Blogger laprintemps meinte...

Ah, sehr schön, dass du den Podcast magst :) So sehe ich das eben auch. Aber es ist bezeichnend, dass irgendwie immer nur die radikalen Positionen wahrgenommen werden. Naja, so ist das halt in der Post-ideologischen Ära - Alles, was ideologisch wirken könnte ist böse. Ideologiefreiheit ist zwar Illusion, aber da ist ein anderes Thema!

Nun konkret:
Sprache: Nun, du kannst wohl schlecht abstreiten, dass Sprache unser Denken rahmt und die Kategorien prägt, in denen wir die Welt beurteilen. Dennoch ist Sprache auch gleichzeitig ei Abbild der bestehenden Verhätlnisse und ebenso veränderbar. Und auch wenn ich es selbst störend finde und diese Angleichungen nicht nutze und häßlich finde, begrüße ich das Engagement und mus sagen; Es ändert sich! Also gerade wenn ich alte Texte lese von Philosophen aus dem 19. Jahrhundert. Heidewitzka, da merkt man den männlichen Default so stark raus. Da hat sich was verändert und das finde ich gut! Desween einen Beißrflex zu haben - naja, man kann es ja doof finden, aber die Leute trotzdem machen lassen.

Schuld: Da muss ich echt sagen, dass es eine fiese Interpretation ist und das ich gut verstehen kann, dass man sich keine Schuld geben lassen muss, wenn man jmd Angst macht, ohne etwas zu tun bzw. etwas zu tun, was rechtlich und moralisch ok ist. Ein Trigger zu sein, sucht man sich ja auch nicht aus. Da hast du schon Recht. Aber es geht ja eben um unbewusste Strukturen und Bewusstsein! Und da ist es wichtig auch mal anzumerken: In solchen Situationen ist es nicht unwahrscheinlich, dass Menschen, die körperlich unterlegen sind, Angst bekommen. Es geht umSensibilisierung für das eigene Handeln, um Grenzen kennen lernen, auch die der anderen, und eine Gefühl für die Verzwerrung in der Gesellschaft kriegen. Dass die Medien wiederrum jungen Männer das Leben schwer machen - granted.

Also wahrgenommen werden doch nur Alice Schwarzer und ähnliche.... Andere feminitische Ansichten werden nicht bedacht. Naja und dann gibt es nunmal einen Zeitgeist, der biologistisch ist und antifeministisch, anti-modern .... da macht es auch aggressiv, wenn schlaue Leute eben diese Vorurteile herhaben.

Frage: Wo hast du diesen bösen Feminismus gelesen/gelernt? Durch zweite Hand? Durch Erzählungen? Hast du Bücher gelesen? Emma? Wo hast du dein Bild her? Würde mich echt interessieren, weil ich kenne das selber und habe irgendwann begriffen, wieviel Polemik und Propaganda dahintersteht :(

 
Am/um 31. Juli 2011 um 15:55 , Blogger Crackpille meinte...

"Frage: Wo hast du diesen bösen Feminismus gelesen/gelernt? Durch zweite Hand? Durch Erzählungen? Hast du Bücher gelesen? Emma? Wo hast du dein Bild her? Würde mich echt interessieren, weil ich kenne das selber und habe irgendwann begriffen, wieviel Polemik und Propaganda dahintersteht :("

Die Antwort darauf habe ich hier veröffentlicht.

 
Am/um 1. August 2011 um 02:53 , Blogger Crackpille meinte...

"Sprache: Nun, du kannst wohl schlecht abstreiten, dass Sprache unser Denken rahmt und die Kategorien prägt, in denen wir die Welt beurteilen. Dennoch ist Sprache auch gleichzeitig ei Abbild der bestehenden Verhätlnisse und ebenso veränderbar."

Im selben Moment prägt aber unser Sein die Sprache. Vorurteile - und Sexismus ist im Grunde ja eine Sammlung spezieller Vorurteile - behebst du in meinen Augen nicht, indem du die Sprache änderst. Sie brechen sich dann nur anders wieder Bahn. Siehe Nigger => Neger => Schwarzer => Farbiger oder Krüppel => Invalide => Behinderter => Mensch mit Behinderung => Menschen mit besonderen Bedürfnissen. Warum sollte das beim Sexismus anders sein?
In meiner Wahrnehmung ist das, wie das Überstreichen eines Wasserfleckes an der Decke, anstatt das Loch im Dach zu reparieren.

Ich denke das Fahrstuhlbeispiel hatten wir im Mumble ja schon ganz gut diskutiert, mit der Wahrnehmung hast du wohl Recht, wahrgenommen wird Alice Schwarzer - deshalb war ich ja auch so verdammt happy, mit dem Piratenfeminismus eine POst-Schwarzer-Strömung gefunden zu haben.

 
Am/um 1. August 2011 um 03:07 , Blogger Crackpille meinte...

Eine Anmerkung noch zur Sprachsache: Vielleicht verhindert sowas ab einem bestimmten Zeitpunkt auch die Entstehung von so etwas wie Normalität im Umgang miteinander, denn im Grunde wollen wir ja keine Welt, in der alle peinlich genau darauf achten nicht sexistisch zu sein, sondern eine, wo das Geschlecht im Denken einfach keine Rolle mehr spielt.

Dazu eine Anekdote aus meiner Schulzeit: Ich kabbelte mich verbal etwas mit einem Mädel aus meiner Klasse und sagte dann irgendwann: "Da ärgerst du dich jetzt aber schwarz." Eine Aussage, ein Fettnäpfchen, denn sie war schwarz. Dass sie das als rassistische Anspielung verstanden hatte, wurde mir erst klar, als sie sich darüber empörte. Das war von mir aber bis dahin gar nicht beachtet worden, weil ihre Hautfarbe für mich schlichtweg keine Relevanz hatte.
Seitdem ist mir immer sehr präsent, wenn ein anderer Mensch mit dem ich spreche, schwarz ist und das empfinde ich selbst als rassistisch.

 

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