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Was ich als BuVo der Piraten erreichen will

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Die Kinderfresser-Bar: Was ich als BuVo der Piraten erreichen will

Freitag, 1. April 2011

Was ich als BuVo der Piraten erreichen will

Am 30. März habe ich bekanntgegeben, für den Bundesvorstand zu kandidieren. Warum ich das tue, wofür ich stehe und was ich erreichen möchte, darüber schreibe ich hier.

Vom Selbstverständnis eines Vorstandes
Eine fundamentale Sache die mir am gegenwärtigen Vorstand missfällt, ist der mangelnde Zusammenhalt. Ich will da gar nicht im einzelnen Schuldzuweisungen verteilen, aber der Vorstand repräsentiert die Piraten als Partei nach außen und moderiert auch die Arbeit im Inneren. Wenn dieser eine Kindergartenshow abzieht, wenn er wegen Beleidigtseins arbeitsunfähig ist oder die Politik des leeren Stuhls wiederbelebt, dann kann ich das vielleicht entschuldigen, weil wir alle Menschen sind und auch erst lernen müssen. Politisch ist es aber inakzeptabel.

Von einem Vorstand wird zu Recht erwartet, dass er sein Ego im Zweifel der politischen Aufgabe unterordnet und persönliche Differenzen nicht das gemeinsame Ziel gefährden lässt. Diese Erwartung als Bundesvorstand nach besten Kräften zu erfüllen ist daher mein persönliches Versprechen an alle Piraten - und auch mir selbst gegenüber.

Soviel zu dem menschlichen Aspekt meiner Kandidatur. Inhaltlich sehe ich den zukünftigen Vorstand vor drei großen Aufgaben stehen: 

Da ist der Aufbau tragfähiger innerparteilicher Strukturen, eine Professionalisierung der Außenkommunikation und die Entwicklung von politischer Strategie und Taktik. 

Unser bisheriges politisches Vorgehen war metaphorisch ausgedrückt: Da bewegt sich was, Kanonen an Deck und Feuer! Das hatte durchaus seinen Effekt und hat dem politischen Gegner die ein oder andere Wunde zugefügt an denen er noch immer knabbert - wie z.B. das Internetzensurgesetz. Aber für Erfolge in höheren Dimensionen ist ein effizienteres Vorgehen und ein wenig Strategie unverzichtbar. Dies ist ein Entwicklungsprozess den ich innerhalb des Vorstandes anstoßen möchte.

Außendarstellung
Die beste Strategie nutzt allerdings wenig, wenn es an Schlagkraft mangelt - und damit kommen wir zur Außenkommunikation. Das bedeutet für mich dreierlei:
  1. Es muss eine beständige Pressearbeit mit den Alten Medien auf die Beine gestellt werden. Wir brauchen provokative Leitartikel, Plätze in Talkrunden und müssen insgesamt dafür sorgen, dass die alten Medien bei politischen Themen an die Piraten denken wie an jede andere Partei.
  2. Sicherlich umstritten ist die Frage nach einer Fokussierung auf Gesichter. Mir persönlich missfällt dieser Hang zur Personifizierung, aber es ist unlogisch, die Realität zu ignorieren, nur weil sie missfällt. Menschen haben einen Hang zu Köpfen, um abstrakte Inhalte mit einer konkreten Person verbinden zu können. Darauf müssen wir eingehen und bestehende Köpfe stärken, ihnen zuarbeiten und auch weitere fähige Darsteller heranziehen.
  3. Wir dürfen die Neuen Medien nicht aus dem Blick verlieren, denn hier können wir mehr als nur Inhalte vermitteln: Wir können Zukunft gestalten. Denn mit jedem Schritt den wir gehen, um uns als Partei für den Bürger zu öffnen, skizzieren wir zugleich eine Perspektive, wie sich Politik im Großen offener und demokratischer gestalten lässt. Eine spielerische Idee dazu ist zum Beispiel eine Piratenapp.

Innerparteiliche Strukturen
Wie Sascha Lobo im Kern richtig erkennt, müssen auch wir die konstruktiven Energien stärker nutzbar machen. Dafür benötigen wir Verfahren und Entscheidungsstrukturen, die aus den vielen Stimmen, Argumenten, Ideen und Strömungen konstruktive Ergebnisse destillieren. Wir benötigen einen Umgang mit jenen destruktiven Elementen, die in uns allen wohnen und sich in Form von Trollen und Störern manifestieren.

Trotzdem wären wir schlecht beraten, einfach die Methoden der Altparteien für diese Art von Problemen zu übernehmen. Denn wir Piraten sind anders. Wir sind geprägt durch kritische Denkstrukturen, netzgeprägte Arbeitsweisen und einen starken Freiheitstrieb. Konzepte, die Einheit durch einen maximalen Ausschluss der Mitglieder von politischen Entscheidungen herzustellen versuchen, werden daher bei uns nicht funktionieren. Wir brauchen eigene Lösungen - für eine Piratendemokratie, die unseren Ansprüchen gerecht wird.

Das Gute ist, dass wir die Freiheit haben, die notwendigen Strukturen nach unserem Bilde zu entwerfen.

Konkret befürworte ich eine Stärkung basisdemokratischer Elemente. 
  1. Das ist zum einen Liquid Democracy als Mittel der innerparteilichen Willensbildung, ein gutes System, um konstruktiv politisch zu arbeiten und alle Interessierten in diese Arbeit einzubinden. Hier sehe ich noch viele Entwicklungschancen in Sachen Design und Nachvollziehbarkeit oder was eine bessere Gruppierung von politischen Strömungen und das agenda-setting angeht. Außerdem besteht eine klare Notwendigkeit für weitere Informationsarbeit. Damit habe ich übrigens Hand in Hand mit anderen Piraten bereits begonnen.
  2. Daneben gibt es auch viel kleinere Details mit großen Einfluss, wie eine demokratische Moderation des Forensystemes um Diskussionen zu konstruktivieren und destruktive Elemente zu isolieren, ohne zum Mittel der Zensur greifen zu müssen. Oder eine Konsolidierung der offiziellen Kommunikationskanäle, um die Einstiegsschwellen abzusenken.
  3. Für lohnenswert halte ich auch die Möglichkeit einer Kontrolle von Vorstandsbeschlüssen, um das Protestpotential der Piraten in ein geordnetes Verfahren münden zu lassen, das demokratische Kontrolle ermöglicht und zugleich eine Lähmung durch endlose Diskussionen und eine Entmutigung des Vorstandes wirksam verhindert.
  4. Disktutiert werden müssen aber auch grundlegende Fragen der Kompetenzverteilung. So halte ich beispielsweise den Beschluss von Positionspapiere durch den Vorstand für demokratisch fragwürdig, weil wir damit den Köpfen einen herausgehobenen Einfluss auf die politische Ausrichtung einräumen.

Rechtlicher Sachverstand
In der Außendarstellung müssen wir die Spielregeln akzeptieren wie sie sind und nach ihnen spielen. Doch innerhalb der Partei - auf unserem Schiff! - haben wir die Freiheit, Demokratie nach unseren Vorstellungen heute schon zu gestalten. Wir haben die Möglichkeit uns auszuprobieren und die Piraten zu einem Leuchtturm der Demokratie zu machen, zu einem lebenden Beweis dafür, dass Politik erneuert und demokratisiert werden kann. Das überzeugt den Bürger mehr als noch so viele schöne Worte. Diese Chance muss genutzt werden - wir benötigen dafür aber neben dem politischen Willen auch eine Portion juristischen Sachverstand, damit wir die Partei nicht trotz bestem Willen in rechtliche Strudel steuern. 

Dieser ist bisher Mangelware im Vorstand und ein Punkt, an dem ich ganz gezielt meine Fähigkeiten als Jurist einbringen werde. Bei der Einführung von Liquid Feedback gab es beispielsweise neben berechtigten Kritiken einen Wust von rechtlichen Scheinproblemen, durch die viel Vertrauen verspielt wurde. Doch auch insgesamt ist mehr rechtlicher Sachverstand bei der Führung einer Partei hilfreich, gerade beim Aufbau von Strukturen, die rechtlichen Anforderungen genügen müssen.

Eines meiner Anliegen in diesem Kontext ist auch eine Generalüberholung der Satzung, die teilweise doch recht unklar und unpräzise ist. Zwar habe ich im Rahmen der Initiative Neue Piratensatzung daran bereits gearbeitet, aber auf Grund der Komplexität würde ich mich freuen, das Projekt als Teil des Vorstandes im Rahmen einer Satzungskommission mit mehr Beteiligung transparent vorantreiben zu können.

Für Fragen zu mir und meiner Kandidatur stehe ich hier in den Kommentaren oder auf Formspring zur Verfügung.

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